Ticketbörse:Prozess um Viagogo-Tickets: Gericht schützt Online-Kunden besser

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Fußballfans protestieren wie hier bei einer Partie zwischen Schalke 04 und Fortuna Düsseldorf schon seit Langem gegen das Geschäftsmodell. Jetzt muss die Plattform ihre Geschäftsbedingungen überarbeiten. (Foto: dpa)
  • Die Online-Ticketbörse Viagogo muss ihre Kunden besser vor dem Kauf von ungültigen Tickets schützen.
  • Geklagt hatte die Verbraucherzentrale Bayern. Sie hatte einen Strohmann ein Ticket für ein Spiel der Münchner Löwen kaufen lassen, das jedoch ungültig war.
  • Viagogo muss nun seine Garantiebedingungen transparenter machen und den Käufern die Kontaktdaten der Verkäufer mitteillen.

Von Stephan Handel

Das Landgericht München I hat zusammen mit der Verbraucherzentrale Bayern dafür gesorgt, dass Kunden der Online-Ticketbörse Viagogo besser vor dem Kauf ungültiger Veranstaltungstickets geschützt werden. In einem am Dienstag verkündeten Urteil wird Viagogo aufgegeben, seine genauen Garantiebedingungen auf der Website leichter auffindbar zu machen. Außerdem muss die Börse Identität und Anschrift der tatsächlichen Ticket-Verkäufer dem beim Vertragsabschluss bekanntgeben.

Viagogo ist eine Börse für die Zweitverwertung von Veranstaltungs-Tickets - das Unternehmen mit Sitz in der Schweiz verkauft die Karten also nicht selbst, sondern gibt Anbietern auf seiner Site die Möglichkeit, Käufer zu finden. Die Verbraucherzentrale Bayern hat das Angebot im Jahr 2017 getestet und ließ einen Strohmann ein Ticket für ein Spiel des TSV 1860 kaufen - gegen Eintracht Braunschweig, Sektion 117 in der Allianz Arena, für 22 Euro. Auf dem elektronisch übermittelten Ticket fand sich jedoch ein anderer Name als der des Käufers. Auf Nachfrage erklärte 1860, das Ticket sei - wegen des nicht erlaubten Weiterverkaufs - ungültig und gesperrt, eine Entschädigung könne der Käufer nicht erwarten.

Das widersprach nun eklatant der Eigenwerbung von Viagogo auf der Seite: "Alle Tickets auf unserer Seite kommen mit einer 100%-Garantie", heißt es dort. "Wir garantieren ihnen gültige Tickets für die Veranstaltung".

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Diese angebliche Garantie wertete die 33. Zivilkammer des Landgerichts als "irreführende geschäftliche Handlung": Denn die tatsächlichen Garantie-Bedingungen sagen nichts über die Gültigkeit der verkauften Tickets aus - denn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen beschränken die Garantie - für den Fall, dass etwas schiefgeht - nur auf die Lieferung gleich teurer Ersatztickets. Für deren Auswahl aber behalte sich Viagogo "uneingeschränktes Ermessen" vor - bis zur simplen Rückerstattung des Kaufpreises, und das weicht "in erheblicher Weise" von der Garantieerklärung während des Bestellvorgangs ab.

Ein Weiterverkauf ist nicht immer legal

Noch irreführender wird das Ganze, weil Viagogo ja nicht garantieren könne, dass die auf der Site angebotenen Tickets tatsächlich legal und gültig weiterverkauft werden: "Wie sich aus den Ticketbedingungen des TSV 1860 München (...) ergibt, knüpfen Veranstalter teilweise den Weiterverkauf an spezielle Bedingungen, bei deren Nichteinhaltung die Tickets ihre Gültigkeit verlieren." Zumindest im Profi-Sport, mehr und mehr aber auch bei Unterhaltungsveranstaltungen, sind personalisierte Tickets und das Verbot des Weiterverkaufs mittlerweile die Regel.

Die Verbraucherzentrale hatte im Prozess weiter vorgetragen, dass auf Viagogo nicht nur Privatpersonen eventuell überzählige Tickets verkaufen - dass vielmehr auch gewerbliche Anbieter die Plattform nutzten. Dafür spreche, dass es ein "Frequent-Seller-Handbuch" gebe, also eine Handreichung für häufige, mutmaßlich gewerbliche Anbieter. Es sei für den Kunden aber von Bedeutung, ob er sein Ticket von einer Privatperson oder von gewerblichen Tickethändlern erwerbe. Verbraucherschützer hatten in der Vergangenheit oftmals kritisiert, dass Viagogo seine Eigenschaft als Börse so weit wie möglich verschleiere, so dass der Kunde meinen solle, er würde offizielle Karten bei einem offiziellen Erstanbieter erwerben.

Deshalb, so das Gericht in seinem Urteil weiter, sei es notwendig, dem Käufer rechtzeitig Name und Adresse seines Vertragspartners bekanntzugeben - damit er im Streitfall wisse, gegen wen er seinen Widerspruch richten müsse. Hierbei legt das Gericht fest, dass bei gewerblichen Anbietern die Bekanntgabe der Daten vor dem endgültigen Vertragsabschluss geschehen müsse - am Beispiel der Fußball-Karten könnte ein Verbraucher so erkennen, dass der Weiterverkauf eventuell den Bedingungen des Veranstalters, in diesem Fall des Fussballvereins, widerspricht. Bei privaten Anbietern genüge die Bekanntgabe nach Abschluss des Vertrags. (AZ: 33 O 6588/17)

Ursprünglich hatten wir berichtet, das Spiel TSV 1860 gegen Eintracht Braunschweig habe im Grünwalder Stadion stattgefunden. 2017 spielte der Münchner Traditionsverein jedoch noch in der Allianz Arena. Wir haben den Fehler berichtigt.

© SZ vom 05.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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