Theater:Völlig verwanzt

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Diplomatischen Verwicklungen in der britischen Botschaft: Überall russische russischer Mikrofone. (Foto: OH)

Das Theater Pur spielt Peter Ustinovs "Abgehört"

Von Jürgen Wolfram, Solln

Oscargewinner Sir Peter Ustinov hat "Abgehört" 1981 geschrieben, doch das Stück könnte aktueller nicht sein. Lauschangriffe von Freund und Feind, Cyberattacken, dringliche Asylbegehren, groteske diplomatische Verwicklungen wirbeln die gepflegte Langeweile in vielen Botschaften heutzutage eher noch kräftiger durcheinander als vor 40 Jahren. Das ist in der britischen Vertretung in einer Kaukasusrepublik sowjetischer Prägung nicht anders. Ustinov schildert mit hintergründigem Humor, wie es zugeht unterm Union Jack, wenn plötzlich ein dichtender Dissident auftaucht, rüde-hinterhältige Vertreter des Gastlandes diesem nachstellen, zugleich die Gefühlswelt des Personals und damit die feine englische Art ins Wanken geraten.

Holger Ptacek, Regisseur des Theaters Pur, hat die Komödie für die 15. Produktion seines Ensembles stimmig umgeschrieben und inszeniert. Einst grandios verfilmt mit Hansjörg Felmy, Heidelinde Weis und Götz George, revitalisieren nun auf der Sollner Kultbühne im "Iberl" sieben Darsteller aus der 35-köpfigen Pur-Truppe den Showdown in der völlig verwanzten Botschaft: Stefan Hoffmann, Jasmin Hoffmann, Anuschka Ptacek, Sabine Horak, Barthl Sailer, Eckart Rüter und Elke Harbeck.

Dass hier "wenig von Tragweite" passiert, wie eingangs behauptet, mag man nach dem Premierenbesuch nicht bestätigen. Tatsächlich feiern Situationskomik und Wortwitz, temperiert zwischen Erstarrung und Eruption, eine mitreißende Bühnenparty. Kühler Kopf und Fingerspitzengefühl mögen zur Grundausstattung hoher Diplomatie gehören. Die ambitionierten Pur-Mimen vom südlichen Münchner Stadtrand wollen es dabei eindeutig nicht bewenden lassen. Sie entfesseln zwei Stunden lang einen heißen Spionage- und Beziehungstanz, der seine Sogwirkung aufs Publikum spätestens im zweiten Akt nicht verfehlt.

Weitere Aufführungen auf der Sollner Kultbühne im Iberl, Wilhelm-Leibl-Straße 22, stehen am 19., 20. und 21. Oktober sowie am 9., 10., 11., 16., 17. und 18. November auf dem Programm. Freitags und samstags ist jeweils um 20 Uhr Beginn, sonntags um 18 Uhr. Reservierungen unter Tel. 089/79312195 oder unter karten@theater-pur.de.

© SZ vom 18.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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