Szene München:Bitte einen Cafferinha!

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Die Kombination aus Kaffee und Alkohol kommt in München immer mehr in Trend. Fehlen dann noch die Mixgetränke, um wieder runterzukommen

Von philipp crone

So ein Barabend könnte oft noch viel länger und damit schöner sein, würde der Gast nicht irgendwann doch einfach müde. In Italien gibt es ein traditionelles Weggeh-Auftaktgetränk, das dieser Entwicklung entgegenwirkt: den caffé corretto. Also die Kombination aus dem Espresso nach dem Essen und einem ersten alkoholischen Aufwärmer, je nach Region sind das Grappa oder Sambuca im Kaffee, der die Grundlockerheit des Abends erzeugt. Da sich im barkulturell schnell entwickelnden Deutschland und in der italienischen Stadt München der Kaffee- und der Cocktail-Kult zuletzt parallel in galoppierendem Tempo hipisiert haben, ist der neueste Trend, den das feine Barmagazin Mixology nun in seiner aktuellen Ausgabe ausmacht, eigentlich keine Überraschung.

Die deutsche Barszene beginnt, Kaffee-Drinks zu entwickeln, abseits des Irish Coffee. Der wurde der Sage nach erfunden, als während des Zweiten Weltkriegs Iren den frierenden amerikanischen Soldaten, die in Irland auf ihren Abflug warteten und keinen Alkohol trinken durften, kurzerhand Kaffee gaben, mit einem schönen Schluck Whiskey. Heute klingen die Drinks eher wie Medikamenten-Beipackzettel: Etwa Black-Honey-Kaffee (im Flask-Agitation-Verfahren gebrüht, so nennt man das), dazu Grand-Marnier-Infusion mit Piniennadeln, Wildbeerensirup und Gin. Oder man mischt 4 cl Red-Bourbon-Kaffee (aus Ruanda), als doppelter Espresso zubereitet, mit Grand Marnier, Lycheelikör, Jasmin-Silver-Tee-Sirup und Yuzusaft. Was man eben so zur Hand hat in einer modernen Bar.

München wird sich dann wohl bald in die uncoolen Läden aufteilen, in denen Kaffee colada angeboten wird oder ein Cafferinha, und die coolen mit Hugo-Latte. Und wer um vier Uhr morgens vor den Bars der Stadt Menschen mit weit aufgerissenen Augen stehen sieht, muss sich keine Sorgen machen. Die gehen gleich wieder rein und bestellen einen Beruhigungstee on the Beach, Heiße-Milch-mit-Honig-Daiquiri oder den Schlaftabletten-Spritz.

© SZ vom 09.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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