Szene-Kolumne:Endlich ist man anderswo mal verkrampfter als in München

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Wenn man näher hingeht und brüllt, steigt der Wert, das muss natürlich sofort ausprobiert werden. (Foto: oh)

In Köln gibt es eine Bar mit Dezibelgerät, das den Leuten unter die Nase reibt, wie laut sie sind. Das kann nur der Anfang sein.

Kolumne von Elisa Britzelmeier

Ab und an bewegt der Münchner sich aus seiner schönen Stadt heraus, um in anderen schönen Städten Erstaunliches zu entdecken. Dass die Mieten noch höher sein könnten etwa (Paris, London) und die Öffnungszeiten noch gestriger (Wien).

Neulich in Köln, eine Bar an einem Freitagabend, das Bier kommt in kleinen Gläsern und schmeckt auch so, aber die Stimmung ist insgesamt wirklich gut. Vor Kurzem hat die Bar neu eröffnet. Sie ist umgezogen, erzählen die Kölner, weil Anwohner sich über den Lärm beschwert hatten. Ha! Denkt da der Münchner. Andere Städte haben also auch ein Anwohnerproblem!

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Der DJ spielt Hintergrundmusik, man unterhält sich. Der Blick fällt auf eine Säule am Durchgang. Darauf leuchten Digitalziffern rot ins Halbdunkel: 86,6. Wenn man näher rangeht und Richtung Anzeige brüllt, was sofort ausprobiert werden muss, dann steigt der Wert auf mehr als 100. Die Barbetreiber haben offenbar gründlich aufgerüstet. Nicht nur mit Schallschutz, sondern auch mit einem Dezibel-Messgerät. Ha! Denkt da der Münchner. Anderswo ist man also endlich mal verkrampfter als in München!

Und dann auch noch in Köln, das ja bekanntlich singt und lacht, oder so. Ab und an stellt der Münchner unterwegs also fest, dass es sich erstaunlicherweise gar nicht so schlecht lebt in seiner Heimatstadt. Dass Aufpasser vor der Tür von Clubs und Bars stehen, die ganze Abende lang "Pssssst" machen, kennt man ja inzwischen, aber dass den Gästen gleich harte Zahlen entgegengeschleudert werden, ist hier dann doch noch nicht angekommen.

Vor vier Jahren gab es mal den Vorstoß, am Gärtnerplatz eine Messsäule aufzustellen, die den Lärmpegel anzeigt. Man hat das verworfen, aus Angst vor "vorsätzlichen Hochsingens", wie die Polizei es nannte. Unerklärlich, wie die Beamten auf solche Ideen kommen.

In München gäbe es noch so viele Möglichkeiten. Bei der Messung der Lärm-, aber auch sonstiger Pegel. Stündliche Aufrufe zum Alkotest in Bars wären eine Option. Sensoren, die jede Zigarettenkippe auf dem Gehsteig melden. Roboter, die registrieren, wenn ein Gast seine Füße zu weit über die Begrenzungspunkte der Freischankfläche herausstreckt - und dann, zack! - gnadenlos Gliedmaße abgesäbelt bekommt. Irgendwann käme einmal jemand auf die Idee, sogar den Verkehrslärm in der Humboldtstraße oder auf dem Mittleren Ring zu messen. Aber das wäre dann wirklich albern.

© SZ vom 26.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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