SZenario:Ganz aufgebauscht

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Voll im Trend: Gastgeberin Natascha Grün mit Stehkragen-Dirndl (rechts), Viktoria Lauterbach mit Posierblick. (Foto: Robert Haas)

Wiesn-Warm-up bei Dresscoded: Endlich wieder Luxusprobleme

Von Philipp Crone, München

Eine bessere Vorbereitung auf die Wiesn als den Trachten-Empfang am Mittwochabend gibt es kaum. Bevor beim weltgrößten Selbstinszenierungsereignis Männer und Frauen wieder auf den riesigen Laufsteg Theresienwiese treten, können einige vorab für ein paar Stunden das Auffallen trainieren. Mit Aussagen, Outfit oder dem ursprünglichsten aller Aufmerksamkeitsaccessoires, der Visitenkarte.

Simone Ballack, früher mit dem Ex-Fußballer Michael liiert, heute häufiger Gast auf Einladungen mit Gratis-Champagner, macht sich nicht etwa Gedanken, welches Dirndl denn nun in der Saison 2016 getragen werden muss, um im Blitzlicht der Klatsch-Fotografen ein gutes Bild abzugeben. Sie überlegt, ob sich das Rucksackverbot auf ihre Handtasche auswirken könnte: "Eher nicht, auf die Wiesn nimmt man ohnehin eine kleine Handtasche mit, um gut tanzen zu können." Viktoria Lauterbach macht sich auch keine Sorgen. "Auf dem Oktoberfest braucht man doch ohnehin nur Handy. Lippenstift und Kreditkarte." Endlich können Klatschfreunde wieder solche Zitate lesen und damit nach der gesellschaftlichen Sommerpause in München das beruhigende Gefühl bekommen: Wahre Probleme gibt es nicht.

Axel Munz von Trachten Angermaier hat für Unwissende noch die wichtigsten Trends parat: Angesagt ist in diesem Jahr der glamouröse Look: Stehkragenschnitte und gestickte Glitzerblumen bei den Frauen. Oder ganz klassisch mit Ärmelchen und hochgeschlossenen Hemden. Wobei hochgeschlossen nichts für Frau Ballack wäre. "Wo die Männer als Erstes hinsehen, das wissen wir ja." Auf die Handtasche natürlich.

Wo die Gäste an diesem Abend als erstes hinsehen sollen, ist nicht so einfach. Gastgeberin Natascha Grün hat mit ihrem Unternehmen Dresscoded 250 Gäste eingeladen, um zu feiern, dass ihr Kleider-Verleih nun auch auf der zweitgrößten Selbstinszenierungswiese vertreten ist, auf den Stuttgarter Wasen. Dementsprechend laufen hier extrem aufgedirndelte Frauen durch die Passage der Fünf Höfe am Armani Caffé. Ein Gast wundert sich: "Irgendwie sehen hier doch alle gleich aus: groß, blond, Stirn gebotoxt, Lippen gemacht und ein ausladendes Dekolleté." Willkommen im weiten Wiesn-Wunderland.

Schauspielerin Mariella Ahrens wird inmitten des aufgedrehten Trachtentrubels ganz scharfsinnig. Warum die Tracht so eine Faszination gerade auf Frauen ausübe? "Als Frau zeigt man ja oben mehr als sonst", sagt sie, "und unten rum ist alles so aufgebauscht, dass es viel kaschiert." Neben Ahrens steht Alexander Bosch, auf seiner Visitenkarte oben ohne und mit der Berufsbezeichnung "McFit Model" zu sehen. Er fragt Sven Goblirsch, auf dessen Karte "Media Expert" steht, ob er über die Veranstaltung nun eine Instagram-Story machen werde. "Nein, nur Snapchat." Männer brauchen zum Aufbauschen nicht einmal einen Rock.

Die blonden Frauen staksen langsam zum Essen, sie sehen aus wie bei einem Prinzessinnen-Casting. Aber vor dem Dinner muss jede noch ein Dutzend Selfies machen. Dieses Eintauchen in die bayerische Märchenwelt will festgehalten werden, ganz ohne Stirnfalten.

© SZ vom 02.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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