Frühlingsboten:Im Frühjahr haben die Fahrradwerkstätten Hochsaison

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Schaut bei Bremsen ganz genau hin: Andreas Schmidt hat mit einem Partner den mobilen Fahrradservice "Live Cycle" gegründet. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Mechaniker verhelfen vielen Münchnern dazu, wieder mit eigener Kraft durch die Stadt zu kommen - und dabei sicher unterwegs zu sein.

Von Jacqueline Lang

Auch wenn es gerade nicht immer danach aussieht: Es ist Frühling. Zeit, endlich mal die Fenster zu putzen - bald macht es ja wieder Freude rauszuschauen. Zeit, die dicken Pullover im Schrank nach hinten zu schieben und die luftigen Blusen nach vorn. Und es ist die Zeit, das über den Winter von Matsch und Streusalz strapazierte oder im Keller eingemottete Fahrrad wieder auf Vordermann zu bringen.

Die Strategien dabei sind ganz unterschiedlich. Es gibt die Liebhaber und Bastler, die es sich nie nehmen lassen würden, selbst Hand anzulegen. Inbrünstig knien sie im Innenhof ihres Mietshauses, säubern und fetten die Kette, ziehen die Bremsen nach und montieren verbogene Schutzbleche wieder gerade. Zwischendurch starten sie immer wieder zu einer kurzen Testfahrt um den Block, um dann weiter zu schrauben - bis das Werk irgendwann vollbracht ist. Wenn das Rad dann blitzt und blinkt, kann er kommen, der Frühling.

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Und dann gibt es die Anhänger der Dienstleitungsgesellschaft, die sich nicht die Finger schmutzig machen wollen, die sich nicht trauen - oder die es einfach nicht können. Sie vertrauen ihr Rad professionellen Zweiradmechanikern an. Zum Beispiel den Mitarbeitern von Live Cycle, einem mobilen Fahrradservice. Seit Juli 2016 sind sie mit ihren Lastenrädern und einem Transporter samt eingebauter Werkstatt in München unterwegs. "Sobald die Sonne kurz raus kommt, kommen auch die Räder wieder raus", sagt Andreas Schmidt, einer der zwei Gründer. Seitdem klingelt bei ihm unentwegt das Telefon.

Zu den Kunden gehören Privatpersonen, die einen Platten haben oder eben ein Fahrrad, das nach dem Winter wieder flott gemacht werden muss. Schmidt stellt jedoch klar: "Wir sind nicht der ADAC der Fahrradwelt." Deshalb versuchen Schmidt und sein Mitgründer Bastian Scherbeck zwar, die Probleme ihrer Kunden schnellstmöglich - innerhalb von 24 bis 48 Stunden - zu beheben, aber eben nur in den seltensten Fällen unmittelbar.

"Ein beliebtes Modell, das wir anbieten: Die Kunden geben uns den Code ihres Schlosses, wir reparieren das Rad zum Beispiel an der U-Bahn-Haltestelle und sperren es wieder ab", sagt Schmidt. Bei größeren Schäden bringen sie das Rad in die Werkstatt in der Boschetsrieder Straße in Sendling. Lukrativer ist es für Live Cycle jedoch, wenn sie einen Auftrag von einer großen Firma bekommen. Da bieten Schmidt und seine Kollegen die Wartung von Fahrradflotten an oder einen für die Mitarbeiter des Auftraggebers kostenlosen Reparaturservice.

Alle kommen zum Frühjahrscheck

Das Konzept von Live Cycle setzt darauf, dass ein klassischer Fahrradladen mit den Öffnungszeiten während der normalen Arbeitszeit der Lebenswelt vieler Menschen kaum mehr gerecht wird. Doch auch ein klassischer Fahrradladen wie Radsport Gollwitzer am Regerplatz in der Au hat seit den ersten Sonnenstrahlen deutlich mehr Aufträge, wie der Mitarbeiter Christian Zeller erzählt. Gibt es einen bestimmten Kundentyp zu dieser Jahreszeit? Nicht unbedingt, sagt Zeller. Jung oder alt, männlich oder weiblich, mit Rennrad, Mountainbike oder Hollandrad, sie alle kämen zum Frühjahrscheck.

Doch worauf muss man eigentlich achten, wenn man das Fahrrad wieder in Betrieb nimmt? "Unsere Mitarbeiter kontrollieren alle sicherheitsrelevanten Komponenten", sagt Andreas Schmidt von Live Cycle. Er meint damit die Überprüfung der Bremsen, der Reifen, der Lichter und der Gangschaltung. Ein Frühlingscheck kostet bei seiner Firma 99 Euro. Auch der Fahrradladen Gollwitzer bietet einen solchen Service an, der je nach Aufwand 35 bis 45 Euro kostet.

Christian Zeller nennt ein paar weitere Dinge, auf er dabei achtet: Alle Schrauben auf einen festen Sitz kontrollieren, die Laufräder auf Felgenspannung und Speichenzustand überprüfen, Bremsbeläge und Bremshebel einstellen, Schaltzüge, Pedale und Tretlager auf Funktion prüfen. Aber der Mechaniker sagt auch: Wer sein Rad das ganze Jahr über pflegt, der muss meist gar nicht viel tun, um es wieder flott für das Frühjahr zu machen.

© SZ vom 28.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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