Feldmoching:Wenn eine Familie die freiwillige Feuerwehr schmeißt

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Vor einigen Jahren haben sich acht von zehn Familienmitgliedern, die bei der Feuerwehr sind, mal ablichten lassen. (Foto: privat)

Familie Angermeir stellt in München-Feldmoching ein Viertel der örtlichen Freiwilligen - und ist häufig schneller als die Berufsfeuerwehr.

Von Thomas Anlauf

Wenn es in Feldmoching irgendwo brennt, kann es durchaus sein, dass dann eine ganze Großfamilie ausrückt. Denn die Freiwillige Feuerwehr wird nicht nur seit Generationen von einem Mann aus der Familie Angermeir geleitet. Von den etwa 40 Aktiven tragen zehn Feuerwehrler diesen Namen: Angermeir. "Nachwuchsprobleme haben wir nicht, weil so viele Söhne nachkommen", sagt Martin Angermeir und lacht.

Der 53-Jährige sitzt an seinem Wohnzimmertisch, vor sich ein Foto aus dem Jahr 2010. Eine Gruppe gestandener Männer in Uniform ist darauf zu sehen, die Männer haben sich im Hof des Gerätehauses vor einem der drei großen Löschfahrzeuge aufgestellt. In der Mitte steht neben Martin Angermeir der Vater Georg, sein Vorgänger als Abteilungsführer bei der Feldmochinger Feuerwehr. "Das ist schon wichtig für den Nachwuchs, dass der Vater auch aktiv dabei ist", sagt der Chef der Abteilung.

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Seine drei Söhne Martin (24), Michael (22) und Matthias (16) sind selbstverständlich aktiv, auch wenn zwei gerade studieren und der Jüngste noch zur Schule geht. Martin Angermeir fing ja selbst auch schon mit 16 bei der Feuerwehr an, sein Vater leitete die Abteilung, bis er 60 war. Auch die Söhne seiner beiden Brüder Georg und Albert engagieren sich bei den freiwilligen Helfern. Die Feldmochinger Landwirtfamilie stellt so problemlos ein Viertel der gesamten Feuerwehrmannschaft im nördlichsten Stadtbezirk Münchens.

Beim Sturm Niklas sie drei Tage lang im Einsatz

Martin Angermeir zu Hause anzutreffen, ist derzeit gar nicht so einfach. Der Landwirt hat gerade Hochsaison mit der Aussaat, täglich ist er zehn bis zwölf Stunden unterwegs. Dabei hat die Pflanzsaison für Angermeirs Spezialgebiet noch gar nicht richtig begonnen, er ist Kartoffelbauer. Für die Feuerwehr ist er aber trotz der vielen Arbeit ein Glücksfall: Im Gegensatz zu anderen Feuerwehrleuten ist er wenigstens fast immer ganz in der Nähe auf einem seiner Felder. Wenn dann der Piepser losgeht, lässt er alles stehen und liegen und rast zum Feuerwehrgerätehaus gegenüber der katholischen Kirche St. Peter und Paul. "So wichtig kann die Arbeit gar nicht sein, dass man nicht hilft", sagt er.

Und die Freiwilligen von Feldmoching müssen oft ausrücken. 50 Einsätze im Jahr sind es ungefähr, fast einer pro Woche. Beim Sturm Niklas waren Angermeir und seine Leute drei Tage lang im Einsatz, um Bäume umzuschneiden, Gerüste zu sichern, die Straßen freizuräumen. "Bei Unwetter fahren wir generell überall hin, wo wir gebraucht werden", sagt er.

Die Alarmierung geht immer gleichzeitig an die Berufsfeuerwehr und die Freiwillige Feuerwehr. Manchmal sind die Hauptamtlichen von der Wache 7 schneller, manchmal aber auch die Feldmochinger, das kommt auf den Einsatzort an. Denn quer durch den Stadtteil verläuft die Bahnlinie, "und dann steht die Berufsfeuerwehr oft am Bahngleis", sagt Angermeir. Erst kürzlich wieder: Während die Berufsfeuerwehr nicht weiter kam und darauf warten musste, bis endlich die Schranke hochging, waren die Feldmochinger mit dem Einsatz schon fast fertig. "Aber wir ergänzen uns gut", sagt Angermeir über seine hauptamtlichen Kollegen. "Es ist ein absolutes Miteinander - und das sind halt Vollprofis."

Oft rücken sie wegen Badeunfällen aus

Natürlich haben die Feldmochinger auch die komplette Ausbildung zum Feuerwehrmann absolviert. Oft kommt es vor, dass sie wegen Badeunfällen ausrücken, schließlich liegen in ihrem Einsatzgebiet drei Seen: der Fasaneriesee, der Feldmochinger und der Lerchenauer See. Ein Schlauchboot hat die Freiwillige Feuerwehr zwar nicht, aber es gelingt den Helfern um Angermeir immer wieder, ein Opfer lebendig zu bergen. "Das ist doch das Schöne: Wenn du heimkommst und weißt, du hast helfen können."

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So etwas gibt natürlich auch Gesprächsstoff unter den Kameraden und in Feldmoching. "Es ist halt noch ein Dorf hier und die Gemeinschaft ist stark ausgeprägt." Es gibt neben der Feuerwehr noch mehrere andere Organisationen und sogar einen Gesamtverein als Dachverband mit 6500 Mitgliedern.

Aber die Freiwillige Feuerwehr ist mit Abstand der älteste Verein im Viertel, 1870 wurde er gegründet. Damals war Feldmoching noch ein eigenständiger Ort, erst 1938 wurde das Dorf nach München eingemeindet. Heute leben mehr als 60 000 Menschen in dem Stadtbezirk. Eine Freiwillige Feuerwehr wird es bei so vielen Bewohnern auch künftig noch geben, da ist sich Martin Angermeir sicher. Seine eigene Familie wird dafür schon sorgen.

© SZ vom 26.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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