Ausbildung:Wie die Feuerwehr attraktiver werden will

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Fast fertig ist die neue Wache an der Heßstraße in Schwabing. Sie soll von 2016 an auch den Katastrophenschutz beheimaten. (Foto: Florian Peljak)

Die Stadt wächst - die Berufsfeuerwehr aber nicht. Zahlreiche Wachen werden ausgebaut, doch es fehlt oft an Nachwuchs.

Von Eva Casper

Zehn Minuten bleiben der Feuerwehr vom Telefonanruf zum Einsatzort. Das ist gesetzlich vorgeschrieben. Doch immer häufiger schaffen die Teams es nicht in dieser Zeit. Der Grund: München wächst immer weiter und damit wird auch das Einsatzgebiet immer größer. Die steigende Einwohnerzahl verlangt von der Feuerwehr, ihre Standorte auszubauen.

In den kommenden Jahren wird es daher einige größere Projekte geben. Insgesamt will die Berufsfeuerwehr München die Anzahl ihrer Wachen von derzeit neun auf zwölf erhöhen. Vor allem in Norden und Osten der Stadt sei noch Bedarf, sagt Sebastian Loher, zuständig für Bauprojekte der Münchner Wehr. Dazu sollen unter anderem die Feuerwachen 6 in Pasing und 7 in Milbertshofen an ihrem jetzigen Standort aufgegeben und in jeweils zwei neue Wachen aufgeteilt werden. Derzeit wird dafür noch nach geeigneten Grundstücken gesucht.

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Viele Bausanierungen stehen noch an

Der größte Neubau liegt an der Anzinger Straße in Ramersdorf. Die dortige Feuerwache 5 wird abgerissen und auf dem angrenzenden Sportplatz neu aufgebaut und von jetzt 12 000 auf 13 000 Quadratmeter vergrößert, um Platz für knapp 300 Mitarbeiter zu schaffen. 95 Millionen Euro soll das kosten.

Die Bauarbeiten sollen 2019 beginnen und in zwei bis drei Jahren abgeschlossen sein. Auch zwei große Sanierungen stehen an: Das denkmalgeschützte Gebäude der Hauptwache am Sendlinger Tor wird voraussichtlich von 2017 an komplett erneuert. Um den Betrieb weiterhin aufrecht zu erhalten, werden die Bauarbeiten in drei Phasen aufgeteilt, die schätzungsweise sieben bis acht Jahre dauern werden. Auch die Feuerwache 9 in Neuperlach soll saniert werden.

Fast fertig ist dagegen die Wache an der Heßstraße, die nicht nur die Schwabinger Wache 4 an der Nordendstraße ersetzen, sondern auch einen Teil des Katastrophenschutz-Teams aufnehmen soll. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA hatte der Münchner Stadtrat die Einrichtung eines Katastrophenschutzzentrums vorangetrieben. Das Team bündelt Mitarbeitern mehrerer Organisationen, wie den Johannitern und dem Malteser Hilfsdienst, und soll im Ernstfall medizinische und logistische Versorgung leisten, beispielsweise durch die Organisation von Feldbetten, Decken und Essen.

Die Feuerwehr will ein attraktiverer Arbeitgeber werden

Die Wache an der Heßstraße soll Anfang 2016 den Betrieb aufnehmen. Auf 12 000 Quadratmetern Fläche soll dort Platz für knapp 350 Mitarbeiter sein. Neben dem Katastrophenschutz sollen auch die reguläre Feuerwache und das Team der Freiwilligen Feuerwehr Stadtmitte dort untergebracht werden.

Die vielen Umbauten sind nicht nur eine Reaktion auf die wachsende Stadt. "Wir wollen die Feuerwehr auch als Arbeitgeber attraktiver machen", nennt Sebastian Loher einen weiteren Grund. Veraltete Gebäude mit Mehrbettzimmern und Gruppenduschen würden viele junge Leute abschrecken. Und bei den Bewerbern handle es sich um Leute mit abgeschlossener Berufsausbildung, die sich ihren Arbeitgeber aussuchen können.

Doch die Feuerwehr braucht dringend neue Mitarbeiter, um Verrentungen und Arbeitszeitreduzierungen auszugleichen. Und um dem wachsenden Bedarf der Großstadt München gerecht zu werden. In diesem Jahr werden mit knapp 75 doppelt so viele Bewerber ausgebildet wie sonst. In den nächsten Jahren sollen es sogar 100 pro Jahr werden.

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Mit 300 Bewerbern im Schnitt hätte die Feuerwehr eigentlich kein Nachwuchsproblem. Jedoch sei die Qualität häufig nicht zufriedenstellend, sagen viele Mitarbeiter. Vor allem körperlich werden den Feuerwehrleuten hohe Leistungen verlangt. Um es in die Ausbildung zu schaffen, müssen die Bewerber eine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen und einen mehrteiligen Eignungstest bestehen. Einen Aufsatz schreiben, Mathe-Aufgaben lösen, logisches Denken unter Beweis stellen. Das Schwierigste sei aber der Sport-Test, sagt Brandinspektor Florian Hörhammer. Da falle in der Regel bereits die Hälfte der Bewerber durch. Die meisten bräuchten mindestens ein halbes Jahr, um sich darauf vorzubereiten.

Die Frauenanteil ist nach wie vor gering

Der Sport-Test sei auch der Grund, warum es derzeit noch so wenige Frauen in der Feuerwehr gebe, sagt Hörhammer. "Wir haben regelmäßig Frauen unter den Bewerbern, aber sie scheitern meist daran, dass an sie dieselben körperlichen Anforderungen gestellt werden wie an die Männer." Es gebe allerdings Bestrebungen den Test entsprechend anzupassen.

Für Loher ist auch das Ausbildungssystem schuld an dem geringen Frauenanteil. Die meisten Bewerber kämen aus handwerklichen und technischen Bereichen. Berufen also, die schon an sich eine niedrige Frauenquote haben. Und die wenigen Frauen aus diesen Branchen noch für die Feuerwehr abzuwerben, sei sehr schwierig, so Loher. Möglicherweise könne ein komfortableres Arbeitsumfeld den Beruf aber auch für Frauen interessanter machen.

Die Feuerwehr plant auch, eine dreijährige Ausbildung zum Notfallsanitäter anzubieten. Damit könnten auch mehr Realschulabsolventen oder Abiturienten direkt ohne Berufsausbildung bei der Feuerwehr einsteigen. Und vielleicht würde damit auch der Frauenanteil steigen.

© SZ vom 04.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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