Gefahren-Atlas der SZ:Sicher ist anders

Lesezeit: 1 Min.

Mehr als 2500 Einträge an einem Wochenende: Eine erste Auswertung des Gefahren-Atlas der SZ zeigt, dass München noch nicht die fahrradfreundliche Stadt ist, die sie gerne wäre.

Von Thierry Backes, München

Es ist ja nicht so, dass der Stadt die vielen Radler egal wären. Im Gegenteil: 2010 hat München sich feierlich zur "Radlhauptstadt" erklärt und eine Kampagne gestartet, die bis Ende 2014 insgesamt 3,75 Millionen Euro verschlungen haben wird. Offizielle Ziele: eine der fahrradfreundlichsten Metropolen Europas werden, mehr Menschen zum Umstieg aufs Rad bewegen und die Sicherheit im Radverkehr erhöhen. Von dem Geld hat die Stadt Tausende neuer Fahrradständer aufstellen lassen, bei sogenannten Sicherheitschecks mindestens so viele Räder repariert, neue Radwege angelegt und den Fahrbahnbelag auf dem Isarweg zwischen Reichenbachbrücke und Tierpark saniert.

Doch das reicht bei weitem nicht aus, um das Radfahren auf Münchens Straßen sicher zu machen. Das zumindest lässt sich aus dem Gefahren-Atlas herauslesen, den die SZ am Freitag ins Internet gestellt hat. Hier können Nutzer Gefahrenstellen für Radfahrer, Fußgänger, Rollerblader oder Mopedfahrer in München und Umland eintragen. Bis Sonntagabend sind mehr als 2500 Meldungen zusammengekommen. Vier Fünftel davon haben Radfahrer verfasst.

Konflikte im Straßenverkehr
:"Als Radfahrer bist du das Letzte"

Rücksichtslose Autofahrer versus "Kampfradler": Auf Münchens Straßen ärgern sich viele Verkehrsteilnehmer. Vor allem übereinander. Ein Fahrradkurier, ein Taxifahrer, eine Kindergärtnerin, eine Hundetrainerin und ein Pizza-Lieferant erzählen.

Von Christoph Meyer

Am Stachus steht die "Ampel des Grauens"

Die Einträge zeigen, dass sich Radler auf vielen Hauptverkehrsachsen in München nicht sicher fühlen, etwa auf der Rosenheimer oder auf der Lindwurmstraße. Sie zeigen neuralgische Punkte im Radwegenetz wie das Sendlinger Tor oder den Odeonsplatz auf: "Hier kreuzen sich zwei Hauptachsen für Radler, dennoch gibt es quasi keine Verkehrsführung", schreibt etwa ein Radfahrer.

An einigen Kreuzungen haben die Nutzer gleich mehrere Stellen markiert, etwa am Isartor oder am Stachus, an dem die "Ampel des Grauens" stehen soll. Dokumentiert sind allerlei Konflikte zwischen Radfahrern und Rechtsabbiegern, zwischen Radfahrern und Lkw-Fahrern, die auf dem Radweg parken, um ihre Ware auszuladen, zwischen Radfahrern und Fußgängern, zum Beispiel am Flaucher.

Erfahrungen eines notorischen Radfahrers
:Holpriger Alltag

Schmale Rumpelpfade und Abzweigungen ins Verderben: München ist vom Anspruch, die "Radlhauptstadt" zu sein, weit entfernt. Denn trotz aller Bekenntnisse hat es die Stadt bisher versäumt, sich angemessen um die Radler zu kümmern.

Ein Essay von Johan Schloemann

Doch welche Probleme sind besonders gravierend? Darüber können Nutzer in den nächsten Tagen im Internet abstimmen - mit einem einfachen Klick. Für Politik und Polizei dürfte es sich jedoch schon jetzt lohnen, die einzelnen Punkte genauer anzuschauen. An der Einsteinstraße in Haidhausen zum Beispiel parken wohl häufiger "bis zu vier Reisebusse, die asiatische Touristen für den gegenüberliegenden Imbiss ausladen". Die Unterführung an der Tumblingerstraße in Sendling wird offenbar gerne von Geisterradlern missbraucht. "Ich fahre seit 20 Jahren in München Rad", schreibt ein Nutzer, "und kenne keine gefährlichere Stelle." Er fordert Polizeikontrollen und liefert damit etwas mit, das häufiger im Gefahren-Atlas zu finden ist: einen Lösungsvorschlag.

An der Rosenheimer Straße in München wünschen sich viele Radfahrer eine Spur nur für sich. (Foto: Stephan Rumpf)
© SZ vom 14.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: