SZ-Adventskalender:Nicht mal Geld für ein Bett

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Ursula und Friedrich P. rutschten in die Schuldenfalle

Von Thomas Anlauf, München

Jeden Morgen, wenn Ursula P. aufwacht, drehen sich ihre Gedanken um Geld. Geld, das sie und ihr Mann nicht haben, im Gegenteil: Das Ehepaar ist hoch verschuldet. Fast 90 000 Euro Schulden haben sich angesammelt, die Münchner wissen nicht mehr, wie sie aus dieser Abwärtsspirale herauskommen. "Meiner Frau geht das sehr nah", sagt Friedrich P.. Der Rentner ist 76 Jahre alt und muss ein Münchner Wochenblatt austragen, damit die beiden überhaupt über die Runden kommen. "Aber wie lange geht das noch?", fragt sie. "Diese Situation macht krank, sie macht mich krank."

Ursula P. geht es gesundheitlich tatsächlich nicht gut. Sie leidet unter starken Rückenproblemen, chronischen Verspannungen, schmerzhaften Entzündungen, Diabetes und hohem Blutdruck. Sie kann nicht mehr weit laufen, weshalb ihr Mann immer noch sein altes Auto behält, mit dem er auch die Zeitungen ausfährt. In ihrer Wohnung schlafen sie auf Matratzen, Betten können sie sich nicht leisten.

Herr P. hat im Hotelfach gearbeitet, davon bezieht er zwar eine Rente, doch die ist deutlich niedriger, als er sich errechnet hatte. Bis 2011 lebte die zuletzt pflegebedürftige Mutter in der Wohnung, die sie sich das Ehepaar P. in Erbpacht gekauft hatte. Die Tochter kümmerte sich um sie, was sie viel Kraft kostete. Als die Mutter 90-jährig starb, fehlte plötzlich die Rente von 1500 Euro, die sie in die kleine Wohngemeinschaft eingebracht hatte. Die Folge: Das Ehepaar rutschte in die Schuldenfalle.

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Mittlerweile müssen sie sogar am Essen sparen, Herr P. geht regelmäßig zur Münchner Tafel, um den Kühlschrank wieder ein wenig zu füllen. Denn auch die vielen Medikamente, die Frau P. benötigt, müssen zumindest zum Teil bezahlt werden. Sie haben bereits Angst, dass die kleine Wohnung zwangsversteigert werden könnte. Denn in letzter Zeit haben sie nicht immer die Erbpacht bezahlen können. Das Appartement einfach zu verkaufen, trauen sie sich aber auch nicht. "Vielleicht sind wir dann ja obdachlos."

Von ihren prekären Verhältnissen haben sie niemandem erzählt, auch nicht den Verwandten, die einige Autostunden entfernt leben. Den Kindern der Schwester wollen sie eigentlich trotz ihrer finanziellen Notlage Weihnachtsgeschenke schicken, aber aus eigener Kraft werden sie das in diesem Jahr wohl nicht schaffen. Ob Herr P. seiner Frau den großen Wunsch erfüllen kann, sie irgendwann einmal nach vielen Jahren zum Essen auszuführen, ist fraglich. "So lange wir leben, wird diese Situation so bleiben", befürchtet sie. Und das besonders Schlimme an ihrer Lage sei, "man nimmt am normalen Leben nicht mehr teil".

© SZ vom 11.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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