Streit unter Nachbarn:Vibrationen und Blendwirkung

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Urteil des Amtsgerichts: Gastwirt muss Markise entfernen

Von Stephan Handel

Markisen dienen in erster Linie dem Sonnenschutz, werden im Moment also eher nicht benötigt. Eine Rechtsanwältin aus Berg am Laim allerdings fand eine Markise an ihrem Haus nicht nur unnötig, sondern regelrecht störend - so sehr, dass sie deswegen sogar vors Amtsgericht zog.

Der Frau gehören Räume im ersten Stock des Hause, sie hat dort ihre Kanzlei und nutzt eines der Zimmer auch zum Wohnen. Die Räume direkt darunter, also im Erdgeschoß, sind als "Tagescafe und Laden" beschrieben, deren Eigentümer hat sie an einen Gastwirt verpachtet. Über der Außenterrasse ist eine helle, motorbetriebene Markise angebracht. Diese, so die Rechtsanwältin, macht beim Ein- und Ausfahren Geräusche und Vibrationen, außerdem stört sie die Blendwirkung durch den hellen Stoff. Und sowieso sei der Betrieb des Lokals nur bis 22 Uhr erlaubt, im Sommer gehe es aber oft sehr viel länger.

Der Beklagte, der Eigentümer des Lokals also, macht geltend, dass die Frau in ihrer Kanzlei nicht auch noch wohnen dürfe - wenn sie sie, wie vorgeschrieben, nur gewerblich nutzen würde, würde sie das Lokal am Abend und nachts gar nicht stören. Deshalb wollte er ihr die Wohnnutzung gerichtlich verbieten lassen.

Der Amtsrichter gab beiden ein bisschen Recht: Die Markise, so befand er, greife durch die Befestigung an der Außenwand ins Gemeinschaftseigentum ein, deshalb brauche es eine Genehmigung der Eigentümerversammlung, die es aber nicht gibt. Zudem sei der Sonnenschutz "eine gegenständliche Umgestaltung des Gemeinschaftseigentums, indem sie das äußere Erscheinungsbild der im Gemeinschaftseigentum stehenden Sondernutzungsfläche verändert". Deshalb, so das Urteil, muss die Markise entfernt werden.

Was aber die Wohnnutzung betreffe, so sei diese von der Gemeinschaftsordnung gedeckt - "die jeweiligen Inhaber der Teileigentumsrechte sind berechtigt, diese auch zu anderen Zwecken, auch zu Wohnzwecken, ohne jede Einschränkung der Nutzungsart zu nutzen", heißt es dort. Die allgemein geltende gesetzliche Verpflichtung, dass durch den Gebrauch keinem der anderen Wohnungseigentümer ein unzumutbarer Nachteil erwächst, sei nicht verletzt. Das Urteil ist rechtskräftig. (AZ: 481 C 16896/17 WEG)

© SZ vom 27.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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