Stream-Kritik:Süßsauer

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Das Staatstheater Augsburg startet seine Netz-Show Ananas

Von Christiane Lutz, Augsburg

Man kann den krisengeplagten Theatern wirklich nicht vorwerfen, dass sie nicht allerhand probieren würden, den Zauber des Theaters zu den Menschen nach Hause zu schicken. Beziehungsweise: irgendwas zu den Menschen zu schicken. Das Staatstheater Augsburg hat sich gar nicht erst an Inszenierungsvideos versucht, die ohnehin oft mühsam zu schauen sind. In Augsburg überlegen sie, welche Formate jetzt funktionieren könnten. Zuschauer dürfen sich beispielsweise ein Lied oder einen Text wünschen, der dann als Video oder Audiobotschaft verschickt wird. Ungekünstelt, nett, praktisch.

Ein weiteres Format startete am Freitagabend um 20.15 Uhr, zur besten Sendezeit: " Ananas@home", ein "Quarantänekonzert, Talk, Quiz-Duell und Lesung". Das Ganze wird - offenbar dank eines einzigen Technikers - von einer Wohnzimmerbühne live auf der Webseite des Theaters gesendet. Zu Gast sind die Ensemblemitglieder Natalie Hünig und Andrej Kaminsky, auf Abstand in der Wohnzimmereinrichtung sitzend. Sie müssen Fragen zur Oper beantworten ("Welches deutsche Opernhaus hat die teuersten Tickets?" Antwort: Bayerische Staatsoper). Dann singen sie in Gefühlslagen, die das Publikum über die Kommentarfunktion auf der Seite bestellt hat, am Ende liest Hünig noch aus einem Roman vor. Das Zuschauerfeedback - auch direkt abzulesen in der Kommentarspalte - reicht von sehr gelangweilt bis sehr gut unterhalten. Und vermutlich haben beide Seiten recht. "Ananas@home" ist der Versuch, etwas zu schaffen, von dem niemand der Beteiligten dachte, dass er es je tun müsste. Wer knallendes Entertainment erwartet, wird natürlich enttäuscht. Die Show hat Längen, zwischendurch scheinen auch die Schauspieler nicht wirklich zu verstehen, was sie da sollen. Das Quiz, das in einem kleinen Foyer vielleicht lustig wäre, wirkt auf dem Bildschirm etwas bräsig. Wer aber Lust hat, geschätzte Künstler wieder zu sehen, mit ihnen in Kontakt zu treten, sollte der Ananas noch eine Chance geben. Der nächste Termin ist am 18. April.

© SZ vom 06.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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