Straßenbahnen in München:Wenn das Audiofile dreimal bimmelt

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  • Die neuen Siemens-Straßenbahnen klingen anders als ältere Modelle, wenn sie sich ihren Weg durch München freibimmeln, irgendwie künstlich.
  • Der Grund: Der Klingelton kommt bei den "Avenio"-Fahrzeugen erstmals vom Band.

Von Marco Völklein, München

Es klingt keinesfalls wie ein sattes Bimmeln. Eher wie ein heiseres Röcheln. Manch einer, der sich auf einer Party darüber austauscht, will auch schon ein "maues Tröten" oder ein "deppertes Dödeln" gehört haben. Auf jeden Fall sind sich viele Trambahn-Fans in München sicher: Wenn sich die neuen Trambahnen vom Typ "Avenio" ihren Weg durch die Stadt freibimmeln, hat das nichts mehr zu tun mit dem klaren, tiefen Ton der alten Fahrzeuge. Vielmehr klingt das, was da zu hören ist, irgendwie: künstlich.

Tatsächlich hat der Hersteller Siemens in den neuen Bahnen keine richtigen Glocken mehr eingebaut. Der Klingelton kommt vom Band. Genauer: von der Festplatte des Bordcomputers. Will der Fahrer im Avenio-Fahrerstand seine Umgebung warnen oder einen Autofahrer zur Seite bimmeln, drückt er einen Knopf oder betätigt einen Fußtaster.

Die Audiodatei klingt wie ein Klingelton

Die Straßenbahn überträgt dann über einen Lautsprecher, der unterhalb des Fahrerstandes angebracht ist, ein "Soundfile" an die Umgebung, also eine Audiodatei, wie sie auch so mancher Handynutzer als Klingelton auf seinem Smartphone gespeichert hat. Unterm Blechkleid klingelt oder rappelt also nichts mehr. Es tönt allenfalls noch.

Bei den anderen Trambahnen im Fuhrpark der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) ist das ganz anders. In den alten P-Wagen zum Beispiel, die noch aus den Sechzigerjahren stammen, hatten die Techniker noch eine richtige Glocke, genauer: eine Glockenschale, eingebaut. Betätigt der Fahrer den "Warnsignalgeber", so lautet übrigens die korrekte Bezeichnung, wird der Klöppel per Druckluft gegen die Schale gebollert. Ganz so wie bei einem Wecker auf dem Nachttisch, nur wesentlich lauter. Das lässt den satten Klingelton erschallen.

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Schon ein bisschen moderner, aber vom Grundsatz her immer noch angelehnt an die alte Glockenschalen-Technik, geht es in den beiden Baureihen der R-Wagen zu, welche die MVG zu Beginn beziehungsweise Ende der Neunzigerjahre beschafft hat. Auch dort haben die Ingenieure unter dem Fahrerstand an der Frontseite der Tram eine Glockenschale eingebaut. Betätigt werde diese allerdings nicht mehr über Druckluft, sondern über einen Elektroantrieb, erläutern die MVG-Techniker.

Ein ebensolcher Elektroantrieb ist in den Trambahnen vom Typ "Variobahn", auch S-Wagen genannt, eingebaut, welche die MVG vor gut fünf Jahren bestellt hat. Offenbar war damals die Digitalisierung noch nicht vollständig bis in den Fahrerstand einer Trambahn vorgedrungen. Nur bei den neuesten Trambahnen vom Typ Avenio, die im MVG-internen Alphabet als T-Wagen bezeichnet werden, ist das anders. Da verursacht die "elektronische Glocke" diesen neuen, für viele Trambahn-Fans doch sehr gewöhnungsbedürftigen Klang.

© SZ vom 02.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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