Gastronomie:Kirchenwirt ist verkauft

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Nachdem Wilhelm Raabe sein Gasthaus in der Ortsmitte von Steinebach geschlossen hat, verwaist das Gebäude. Nun wollen Investoren das Lokal wiederbeleben und zudem Wohnungen und Geschäfte bauen

Von Christine Setzwein, Wörthsee

Das Wirtshaus Raabe in Steinebach hat einen neuen Eigentümer. Mit dem Gebäude wechselt auch eines der größten Grundstücke in der Ortsmitte den Besitzer. Käufer ist die "RFC & Terra GbR" mit Sitz in München, Gesellschafter sind die beiden Unternehmer Jürgen Rödig aus München und Stefan Schmid aus Alling. Wörthsees Bürgermeisterin Christel Muggenthal freut sich. Die Zukunft der Traditionsgaststätte im Herzen von Steinebach liegt nicht nur ihr am Herzen, sie bewegt auch viele Gemüter in der Gemeinde.

Was die neuen Besitzer vorhaben, klingt zumindest vielversprechend. Schmid und sein Partner wollen das alte Wirtshaus erhalten. "Unser Ziel ist es, mit den Verantwortlichen der Gemeinde eine bürgernahe Nutzung des Geländes gemeinsam zu erarbeiten", sagt Schmid. Auf dem Areal sollen zusätzlich Einzelhandelsflächen und "dringend benötigter Wohnraum" geschaffen werden. Einen Entwurf für eine entsprechende Bebauung mit Gastronomie und kleinen Ladenflächen habe man von einem erfahrenen Architekten erstellen lassen. Eine Umsetzung solle in enger Abstimmung mit der Gemeinde in naher Zukunft erfolgen. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.

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(Foto: Nila Thiel)

Der Kirchenwirt verfällt. Nun will ein Investor das Wirtshaus erneuern und zudem Wohnungen und Ladenflächen bauen.

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(Foto: Georgine Treybal)

Eigentlich hätte Wilhelm Raabe den Kirchenwirt übernehmen sollen. Aber der "singende Metzger von Steinebach" studierte und schrieb Songs. Jetzt wurde das Wirtshaus verkauft.

Im vergangenen Mai hat der Gemeinderat Wörthsee den Bebauungsplan "Areal Kirchenwirt" beschlossen und gleichzeitig eine Veränderungssperre verhängt. Denn der erste Bauantrag, der im Rathaus vorlag, war gar nicht nach dem Geschmack der Gemeinderäte. Die zwei Gebäude, die ein Grünwalder Unternehmen dort errichten wollte, waren ihnen zu hoch, zu groß, außerhalb des Bauraums und viel zu weit in den Hang hinein situiert. Die Ziele, die die Gemeinde mit dem Bebauungsplan verfolgt, sind: Erhalt des prägnanten Hauses gegenüber der St. Martinskirche und der Wirtschaft im Erdgeschoss, Raum für Läden und Büros und natürlich für Wohnungen. Bauherren, die sich an die Vorgaben des Regelwerks halten, dürften übrigens sofort mit der Arbeit beginnen, für sie gilt die Veränderungssperre nicht mehr und könnte aufgehoben werden.

1911 hat der Großvater von Wilhelm Raabe, der als "Tiger Willi" über die Landkreisgrenzen hinaus bekannt wurde, das ortsbildprägende Gebäude gekauft und den Kirchenwirt mit Metzgerei geführt. Enkel Wilhelm hatte dort seine ersten Auftritte als singender Philosoph. Das Haus ist also in die Jahre gekommen. 2011 sperrt das Landratsamt den Saal im ersten Stock aus Brandschutzgründen. Das Ende hochkarätiger Kulturveranstaltungen.

Das ganze Gebäude ist sanierungsreif. Aber die immensen Kosten dafür wären für Wilhelm Raabe und seine Frau Andrea zu hoch gewesen, sie entschlossen sich, das gesamte Areal zu verkaufen. Ende Juli liefen die Pachtverträge mit der Bäckerei Stenzel und Ralf Hannemann, dem Wirt von "Raabe's Kirchenwirt" aus. Seitdem steht das Gebäude leer, das Areal ist von einem Bauzaun umgeben.

Die Gastronomie hat ziemlich gelitten in Steinebach. Der Alte Bahnhof Steinebach hat 2015 den Betrieb eingestellt und ist nur noch für Konzerte und private Feiern geöffnet. Der "Augustiner am Wörthsee" stand wegen des Neubaus neun Monate nicht zu Verfügung. Vor wenigen Wochen schloss auch noch das Strandbad Raabe.

Die Gemeinde wird nun vom Notar den Kaufvertrag für das Raabe-Areal anfordern, denn sie hat das Vorkaufsrecht. "Ob wir uns das leisten können oder überhaupt wollen, muss der Gemeinderat entscheiden", sagt Bürgermeisterin Muggenthal. In einer der nächsten Sitzungen wollen die neuen Eigentümer ihre Pläne vorstellen.

© SZ vom 21.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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