Wirtschaft:Wegweiser zum Beruf

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Erstmals gibt es im Landkreis einen Ausbildungskompass

Von Otto Fritscher, Starnberg

"Viele junge Leute wissen gar nicht, welche Vielfalt an Berufen und Ausbildungsmöglichkeiten es im Landkreis Starnberg gibt", sagt Martin Eickelschulte. Dem Chef des Starnberger IHK-Regionalausschusses ist es seit langem ein Anliegen, Orientierung bei der Berufswahl zu bieten, deswegen ist es für ihn besonders wichtig, dass es ein guter Kontakt zwischen den Unternehmen und den Schulen herrscht. Es gibt zwar schon zahlreiche Aktivitäten wie Jobmessen, die von den jeweiligen Schulen organisiert werden und bei denen sich zumeist die örtlichen Betriebe vorstellen. "Eine landkreisweite Messe gibt es aber bei uns bislang nicht", sagte Eickelschulte. Die Begründung lieferte Annette von Nordeck von der Gesellschaft für Wirtschafts- und Tourismusentwicklung im Landkreis Starnberg (Gwt) nach: "Es gibt keine geeignete Halle bei uns", sagte sie bei der letzten Sitzung des Regionalgremiums in der Aula des Kempfenhausener Gymnasiums. Der Ort für die Tagung war nicht zufällig gewählt, neben den üblichen Firmenchefs nahmen auch Lehrer und Schulleiter teil. Sie betonten, dass je nach Schultyp in den verschiedenen Jahrgangsstufen durchaus Berufsorientierung geleistet werde, wie dies auch in den Lehrplänen vorgeschrieben ist. Allerdings ist der Erfolg dieser Messen zweifelhaft. Die Schüler liefen nur von Stand zu Stand und sammelten möglichst viele Stempel, ohne sich wirklich für das jeweilige Unternehmen zu interessieren, berichteten mehrere Firmenchefs.

Nun präsentierte Eickelschulte eine neue Möglichkeit, wie sich Schüler und Eltern auf die Berufswahl vorbereiten können: den Ausbildungskompass. Dabei handelt es sich um eine dicke Broschüre, in der rund 80 Berufe vorgestellt werden, garniert mit QR-Codes, die zu Filmen der Arbeitsagentur führen, und einen kleinen Kästchen, in dem sich Firmen vorstellen, die eine Ausbildung in dem jeweiligen Beruf anbieten. Herausgeber des Ausbildungskompasses ist die Gwt, die Hefte werden zur Zeit ausgeliefert, an die Schulen, an Betriebe und öffentliche Stellen. Wer will, kann sich ein Exemplar per E-Mail ( nordeck@gwt-starnberg.de) kostenlos bestellen. Die Auflage beträgt 2600 Exemplare. Ergänzt wird der Kompass, der sich auf das Ausbildungsjahr 2020 bezieht, durch ein ausführliches Internetangebot. Die Broschüre indes kann man in Ruhe durchblättern. "So habe ich das mit meinem Sohn gemacht, und wir haben als Erstes alle Berufe durchgestrichen, die nicht in Frage kommen", sagte Eickelschulte lachend.

"Zu mehr als 70 Prozent wird die Berufsentscheidung von den Eltern für das Kind getroffen", sagte Dirk Dieber, Chef der Starnberger Arbeitsagentur. "Das war vor 50 Jahren so und ist noch immer so", fügte er an. Sein Fazit: "Wir müssen an die Eltern ran. Die wissen nämlich gar nicht, wie durchlässig unser Ausbildungssystem inzwischen geworden ist", sagte der Agenturchef. Und er gab den Unternehmern und Lehrern noch eine andere Überlegung auf den Weg. "Geht ein Betrieb seit Jahren in die Schulen, stellt sich vor, wirbt und es bringt nichts - warum macht er das dann überhaupt noch?" Zuvor hatte Michael Padberg, der Vorsitzende des Unternehmerverbandes UWS berichtet, dass sein Betrieb zwar seit Jahren Praktikumsplätze anbiete, "aber da ist noch nichts dabei herausgekommen. Diese jungen Leute, die dann für eine Weile bei uns im Betrieb sind, sind einfach noch Kinder. Sie machen das Praktikum halt, weil es im Lehrplan steht." Auch er schlussfolgerte: "Vielleicht sollten sich die Firmen lieber an Elternabenden vorstellen."

© SZ vom 31.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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