Winterdienst:An die Schaufel, Starnberger!

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Der Verbindungsweg zwischen Prinzenzenweg und Wilhelmhöhenstraße muss aufgrund einer Gesetzesänderung im kommenden Winter wieder durch die Anlieger von Schnee freigehalten werden. (Foto: Georgine Treybal)

Eine Anwohnerin an der "Schindergrube" hat gegen die Schneeräumpflicht geklagt und vor dem Verwaltungsgerichtshof Recht bekommen. Doch eine Gesetzesänderung stellt das Urteil auf den Kopf. Und die Stadt will keine Ausnahmen zulassen.

Von Peter Haacke, Starnberg

Meteorologisch betrachtet ist die Winterzeit bereits vorbei, kalendarisch aber beginnt der Frühling erst am 21. März. Dem Wetter ist diese Einteilung freilich egal, bis April kann es in hiesigen Breitengraden schneien - und dann greifen auch Starnbergs Bürger wieder zu Schneeschaufel, Besen, Split und Sand, um der "Verordnung über die Reinhaltung der öffentlichen Straßen und Sicherung der Gehbahnen im Winter" nachzukommen. Bürgersteige und öffentlich gewidmete Gehwege sind von Eigentümern der angrenzenden Grundstücke zu räumen und zu streuen.

Um diese Verordnung hatte es in den vergangenen Jahren viel Streit gegeben: Eine Starnbergerin zog gegen die Räumpflicht vor Gericht und bekam am Ende recht. Doch eine Gesetzesänderung vom 20. Dezember stellte das Urteil auf den Kopf. Im Klartext: Anlieger beschränkt öffentlicher Wege müssen im kommenden Winter somit wieder Schnee räumen.

Die Freude der Klägerin, eine Anwohnerin des Wegs "An der Schindergrube", währte also nur kurz. Im Februar 2017 hatte ihr die Stadt Starnberg mitgeteilt, dass der Fußweg entlang ihres großzügigen Anwesens umgewidmet wurde und nun ein Schulweg sei. Aus diesem Grund sei die damals 62-Jährige fortan für die Räum- und Streupflicht verantwortlich. Der schmale Weg, der Prinzenweg und Wilhelmshöhenstraße verbindet, ist gut 70 Meter lang und weist eine Steigung von zehn Prozent auf. Die Frau sah aber die Stadt in der Pflicht und bekam im Februar 2020 vom Verwaltungsgerichtshof (VGH) Recht: Schneeräumen war somit im Winter 2020/21 Aufgabe der Stadt. Bis dahin wurden insgesamt 45 beschränkt-öffentliche Gehwege in Starnberg - abgesehen von vier "historisch bedingten" Ausnahmen - durch Anlieger geräumt, teilt die Stadtverwaltung mit.

Die Entscheidung des VGH rief jedoch den Bayerischen Gemeindetag auf den Plan: Per Änderung des Straßen- und Wegegesetzes verankerte schließlich der Bayerische Landtag im Dezember die Räumpflicht für Anlieger als "praxisorientierte Lösung für die betroffenen Kommunen". In Starnberg bleibt es somit bei der 2016 beschlossenen Verordnung, die zwischenzeitlich auch nicht geändert worden war.

Im Stadtrat entbrannt jüngst dennoch eine weitere Debatte über Wege, die von der Stadt oder Anliegern geräumt werden müssen. Allen voran die ehemalige Bürgermeisterin Eva Pfister (BMS) monierte eine uneinheitliche Regelung der Räum- und Streupflichten und ging sogar von 20 Sonderregelungen aus. Ihr Antrag, die Angelegenheit zwecks Klärung zu vertagen, weil die Sitzungsunterlagen angeblich unzureichend seien, wurde mit knapper Mehrheit abgelehnt. Dies bedauerte Otto Gaßner (UWG), der - auch aus eigener Erfahrung - eine "Schinderei für alte Leute" befürchtet: "Es gibt Wege, da ist das Schneeräumen eine Zumutung", sagte er. Widerspruch provozierte er bei Bürgermeister Patrick Janik: "Warum mussten wir dann in Berufung gegen das Urteil gehen", fragte er mit Verweis auf seine Vorgängerin. Er selbst habe keiner Ausnahmeregelung zugestimmt. Janiks Votum: "Entweder verabschieden wir uns insgesamt von der Räumpflicht oder gar nicht." Dies sah eine 19:11-Mehrheit ebenso: Nächsten Winter schaufeln also wieder die Anlieger.

© SZ vom 09.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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