Weßling:Ausgezeichnete Lebensretter

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Auf diesem Steg am Weßlinger See standen die Freunde Laurenz Mehl (links) und Dominik Magyar auch vor fast einem Jahr, als sie aus dem Wasser hinter sich die Hilferufe einer ertrinkenden Frau vernahmen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Laurenz Mehl und Dominik Magyar ziehen eine bewusstlose Frau aus dem Weßlinger See, die 75-Jährige überlebt. Dafür gibt es die Christophorus-Medaille von Ministerpräsident Söder.

Von Sabine Bader, Weßling

Die Oberfläche des Weßlinger Sees kräuselt sich in der Nachmittagssonne. Es ist Donnerstag, der 29. Juni 2017. Laurenz Mehl und sein Freund Dominik Magyar haben sich verabredet. Sie wollen sich gemütlich auf den Steg beim Kiosk setzen, quatschen und den Tag ausklingen lassen. Erst hatten sie an Herrsching gedacht, aber dann zogen sie doch den Weßlinger See vor. Zu schön ist es hier am Nachmittag.

Die beiden 17-Jährigen sind oft hier. Sie kennen den See quasi bei jedem Wetter. An besagtem Donnerstag ist nicht viel los. Es herrscht auch kein Badebetrieb, erinnern sie sich. Auch am Ufer sind nur wenige Leute unterwegs. Noch ehe die Beiden auf dem Steg Platz nehmen, hören sie plötzlich einen Hilferuf. Aber wo kommt er her? Da, noch einmal: "Hilfe!" Der Schrei kommt aus dem Wasser. Ein Kopf schaut heraus. Eine Schwimmerin hat sich in den Algen verfangen und droht unterzugehen.

Die zwei Jugendlichen reagieren sofort. Reißen sich die Kleider vom Leib, Dominik schnappt sich ein Surfbrett, das am Ufer liegt, und sie schwimmen los in Richtung der Stelle, aus der der Hilferuf kam. Auch vom anderen Ufer des Sees aus starten zwei Leute, um zu helfen. Als die beiden Jugendlichen bei der Frau eintreffen, ist diese bereits ohnmächtig. Mit vereinten Kräften wird sie, so gut es geht, auf das Surfbrett gehievt.

Das ist gar nicht so einfach. Einer der Jugendlichen hält sie fest, die anderen ziehen und schieben das Brett paddelnd in Richtung Land. Dort hat sich schon eine kleine Menschentraube gebildet. Die Retter legen die Frau in stabiler Seitenlage auf die Erde. Nach etwa drei Minuten treffen die Ersthelfer aus Weßling ein, zehn Minuten später kommt der Krankenwagen. Die Frau ist inzwischen wieder bei sich, sie weiß ihren Namen. Alle sind erleichtert. Wenig später wird die Verunglückte in eine Klinik gebracht. Wie sich später herausstellt, ist die Frau 75 Jahre alt, wohnt in Weßling und geht fast täglich im Weßlinger See schwimmen.

Jetzt, fast ein Jahr nach der spektakulären Rettungsaktion, finden sich Laurenz Mehl und Dominik Magyar wieder am See ein. Beide sind inzwischen 18. Es ist wieder ein Donnerstag, spätnachmittags, die Sonne scheint und das Wasser kräuselt sich fast so wie damals. Die jungen Männer stehen wieder auf dem Steg, schauen übers Wasser und erinnern sich. "Wir haben sehr schnell gemerkt, dass die Frau wirklich Hilfe braucht", sagt Mehl. Vielleicht auch, weil die Rufe der Schwimmerin "schon recht leise" geworden waren. "An ihrer Stimme hab' ich gemerkt: Sie geht gleich unter." Sein Freund Dominik hatte den Einfall mit dem Surfbrett und war schon auf dem Weg dorthin. Es ging alles superschnell, sagen die Beiden. Zeit zum Nachdenken blieb da nicht.

Laurenz Mehl kommt aus Gilching. Er hat inzwischen Abitur gemacht. Dominik Magyar stammt aus Alling und macht gerade eine Ausbildung zum Biologielaboranten am Max-Planck-Institut in Martinsried. Die beiden sind seit dem Kindergarten eng befreundet. Inzwischen sind sie für ihr beherztes Eingreifen von Ministerpräsident Markus Söder mit der Christophorus-Medaille ausgezeichnet worden. Der Freistaat vergibt die Auszeichnung für Rettungsaktionen unter besonders schwierigen Umständen. "Das war schon eine Ehre für uns", finden beide. Wenn es etwas gibt, das sie sich von der Gesellschaft wünschen, dann ist es "ganz generell mehr Zivilcourage", sagt Magyar.

Bei der Verleihung der Medaille war auch die 75-Jährige dabei. "Sie hat gesagt, dass der Tag ihrer Rettung ihr zweiter Geburtstag ist", erzählen Mehl und Magyar. Von der Polizei hatte die Frau schon kurz nach ihrer Rettung die Telefonnummern ihrer beiden Lebensretter erhalten, und diese postwendend angerufen. "Heute möchte die 75-Jährige lieber anonym bleiben", sagt Mehl. Er weiß auch, dass die Frau noch immer regelmäßig im Weßlinger See schwimmt - allerdings nicht mehr in Richtung Algen.

© SZ vom 30.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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