Weihnachtsgeschenke:Spielzeugland im Gemeindesaal

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Aus dem Vollen können die Kinder beim Geschenkebasar der Starnberger Tafel schöpfen. Dennoch müssen die Helfer dafür sorgen, dass für alle etwas da ist. (Foto: Arlet Ulfers)

Bei der Kinderbescherung der Starnberger Tafel gibt es viele freudige, aber auch enttäuschte Gesichter

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Prüfend blickt Erika Ardelt über die Tische, auf denen alles gestapelt ist, was ein Kinderherz begehrt: Spielzeugautos, Puppen, Spiele, Kinderbücher, Puzzles, Bausätze und ein ganzer Tisch mit Fußball-Fanartikeln, die von einem Verein gespendet wurden. Drei Wochen lang haben die Vorsitzende der Starnberger Tafel und ihre Helfer Spenden von Firmen, Kindergärten, Schulen und Privatpersonen gesammelt, um Kindern aus finanziell eingeschränkten Verhältnissen Weihnachtswünsche erfüllen zu können. "Wir zählen alle Puzzleteile durch und prüfen, ob die Spiele vollständig sind", sagt Ardelt. Auch jedes einzelne Kuscheltier werde gewaschen. Denn nichts enttäusche ein Kind mehr als ein unvollständiges Geschenk, mit dem es nicht spielen könne. Für die Kinderbescherung wurde der große Saal im evangelischen Gemeindehaus in Starnberg kurzerhand zu einem großen Spielzeugladen umfunktioniert.

Nun herrscht die Ruhe vor dem großen Ansturm. Etwa 100 Kinder kommen jedes Jahr zusammen mit ihren Eltern zu diesem Geschenkebasar. Sie warten aufgeregt, aber erstaunlich ruhig vor der Türe. "Wir können nicht alle hereinlassen, dann wäre Chaos", sagt Ardelt. Daher steht Barbara Wanske, die seit 17 Jahren für die Kinderbescherung bei der Starnberger Tafel verantwortlich ist, an der Türe. Nur fünf Kinder lässt sie herein. Damit für alle, die noch draußen warten, etwas übrig bleibt, werden die Berechtigungsausweise geprüft und die Hand von jedem Besucher gestempelt.

Ein Mädchen läuft zielstrebig zum Tisch mit Barbie-Artikeln und sucht sich eine Prinzessinnenkrone heraus. Ihre Mutter geht von einem Regal zum nächsten. Sie habe sechs Kinder und alle wollen ein Geschenk, sagt sie. Ihr Ehemann habe sich für diesen Tag frei genommen, um sie zu unterstützen. Er warte draußen mit den restlichen fünf Kindern. Die Mutter hat zwei riesige Taschen mitgebracht und packt sie voll. Ihre jüngste Tochter sucht sich einen Puppenwagen heraus. Auch darin werden Päckchen gestapelt.

Eine kleine Parkgarage findet sofort einen Abnehmer. Mit leuchtenden Augen, das Spielzeug fest an sich gedrückt, läuft ein Flüchtlingsjunge zu seinem Vater und redet aufgeregt auf ihn ein. Ein etwas größerer Bub stürmt zu dem Ständer mit den gespendeten Fanartikeln des FC Augsburg und sucht sich ein Trikot heraus. Seine Mutter will gleich mehrere davon mitnehmen für die Geschwister. "Wir haben noch so viele Kinder draußen, die brauchen auch etwas", erklärt Ardelt freundlich, aber entschieden. Und zur Frau mit den zwei übervollen Taschen sagt sie: "Das ist jetzt genug, Sie haben schon eine Menge."

Eine Mutter hat die Briefe ihrer Kinder an das Christkind dabei. Ein Dinosaurier steht auf dem Wunschzettel, die Tochter wünscht sich eine Puppenküche. "Das werde ich wahrscheinlich nicht kriegen", sagt sie. Deshalb sucht sie Lego-Sachen heraus. Damit könnten alle spielen. Ihr 13-Jähriger sei allerdings aus dem Alter heraus, für den habe sie noch nichts. Bevor sie den Saal verlassen muss, packt sie noch ein Buch ein für "ihren Großen" und ein Überraschungspaket, das beschriftet ist mit "5 bis 7 Jahre". Immer wieder müssen die Helferinnen eingreifen und die Besucher sanft darauf hinweisen, dass sie jetzt gehen müssen, weil noch so viele Leute draußen in der Schlange stehen. Es fällt ihnen sichtlich schwer, die Enttäuschung mit ansehen zu müssen. "Aber wir müssen ein bisschen dosieren", sagt Ardelt, bevor Wanske die nächste Gruppe hereinlässt.

Zwischen den herumwuselnden Kindern steht verschüchtert ein Mädchen. Magdalena ist ganz alleine gekommen und traut sich zunächst nicht, etwas zu nehmen. Sie liebt Drachen und Prinzessin Elsa. Langsam geht sie dann doch die Tische entlang und entdeckt ein Star-Wars-Leuchtbild. "Das ist für meinen Bruder", entscheidet sie spontan. Einen Karton mit der Eisköniginnen-Puppe sucht sie für sich heraus und erzählt, dass sie noch eine Schwester hat. Als Magdalena den Saal verlassen soll, ist ihre Plastiktüte noch halb leer. Ardelt hat das Mädchen entdeckt; die Zehnjährige ist bekannt bei Tafel. "Sie ist so bescheiden. Wir werden noch einmal mit ihr herumgehen und etwas heraussuchen", verspricht die Vorsitzende.

© SZ vom 21.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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