Volkstheater:Schrecklich gut

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In dem Stück "G'spenstermacher" sitzt bei der Heimatbühne Tutzing jede Pointe. Rabenschwarzer Humor trifft auf ein Quäntchen Moral

Von Carina Seeburg, Tutzing

Der Schreck steht Schippe ins Gesicht geschrieben. Nur drei Tote in zehn Monaten - das ist zu wenig. "Des is a Witz!". Aufgebracht wütet der Totengräber durch die Wirtschaft. Das Schreiben vom Amt liegt noch auf dem Tisch: Künftig wird das Gehalt für Bestattungsdienste gestrichen. Bezahlt wird nur noch auf Erfolgsbasis, also pro Leiche. Und davon gibt es im Moortaler Moos eindeutig zu wenige. "Die aufm Amt hoam doch koa Ahnung!", ist die bittere Erkenntnis und das Problem schnell identifiziert: "In da Stadt drin, da sterben vui mehra Leit´, aber bei uns heraußen im Gai, do geben d´ Leit ned so schnell an Löffel ab. Diese gschissen guade Landluft, verstehst?!" Das Publikum im Tutzinger Kloster ist nicht mehr zu halten, schallendes Lachen füllt den Saal.

Die Laien-Schauspieler der Tutzinger Heimatbühne zeigen viel Können im "Gespenstermacher", v.l. Martin Paukner und Florian Müller als die Totengräber Schippe und Schaufe mit Michaela Heidler (Wirtin Rosa Moderer). (Foto: Arlet Ulfers)

Das Stück "G'spenstermacher" aus der Feder des Münchner Theaterautors Ralph Wallner wurde 2011 uraufgeführt. Ein junges Stück, das an den Volkstheatern und Bühnen landauf, landab zum Publikumsmagneten avanciert und mit tiefschwarzem bayerischem Humor ebenso zündet wie alt bekannte Klassiker.

Im Mittelpunkt stehen die kauzigen Brüder Schippe (Martin Paukner) und Schaufe (Florian Müller) aus dem nebligen Moos. Beide arbeiten als Totengräber und kommen eher schlecht als recht über die Runden. Ihre Sorgen ertränken sie regelmäßig in der heruntergekommenen Moorwirtschaft von Rosa Moderer (Michaela Heidler), die mit ihrer resoluten Art die übrige Kundschaft verschreckt. Zufällig stoßen Schippe und Schaufe in der Schenke auf eine Weinflasche voll Gift und kommen sogleich auf dumme Gedanken. Mehr graben, mehr Geld? "Nur a Leich' macht uns reich", gibt Schippe zu bedenken. Dann siegt doch noch das Gewissen und die rettende Idee zur Aufbesserung ihrer desolaten Finanzlage scheint sogleich wieder verworfen. Als die beiden Herren dann versehentlich doch ein paar der Protagonisten ins Jenseits befördern kommt das skurrile Stück richtig in Fahrt. Denn die Toten wollen einfach keine Ruhe geben.

Selbst die Tränen nimmt man Marlene Bartl als Lena ab, hier mit David Kirchner, der den Leo spielt. (Foto: Arlet Ulfers)

Mit der Premiere am Freitagabend hat die Tutzinger Heimatbühne eine Punktlandung hingelegt. Jede Pointe sitzt - das Publikum kommt aus dem Lachen kaum mehr heraus. Regisseur Hubert Heirler freut sich über den voll besetzten Saal. "Das ist für eine Premiere außerordentlich - so voll war der Saal zum Auftakt schon lange nicht mehr." Heirler kann das beurteilen. Seit bereits 40 Jahren ist er als Gründungsmitglied der Tutzinger Heimatbühne im Laientheater aktiv. Dass Laien durchaus gute Schauspieler sein können, zeigt die großartige Besetzung, die Heirler mit "G'spenstermacher" auf die Bühne bringt. Florian Müller und Martin Paukner laufen in ihren Rollen als schrullige Totengräber zur Höchstform auf und Michaela Heidler mimt die rustikale Moorwirtin in derb-bairischer Mundart, die ihresgleichen sucht. Die verrückte Dorfnärrin Philomena wird großartig verkörpert von Rosemarie Melcher. Und als Marlene Bartl in der Rolle der jungen Lena Tränen um ihren Geliebten vergießt, nimmt man ihr auch diese ab. Das Lachen verebbt und für einen Moment ist es ganz still im Saal.

Das launige Stück mit bayerischem Einschlag trifft einen Nerv beim Publikum. In den ersten beiden Akten überwiegen die makaber-humoristischen Passagen. Dennoch wird es trotz des rabenschwarzen Humors nie pietätlos oder tragisch. Der dritte Akt wartet schließlich mit einem Hauch Tiefgründigkeit, einem Quäntchen Moral und einer Portion Liebe auf. Am Ende steht die Botschaft, dass Geld allein das Leben eben auch nicht besser macht.

Der derb-komische Schwank in drei Akten wird am kommenden Wochenende, Freitag und Samstag, den 23. und 24. November, jeweils um 19 Uhr und am Sonntag, den 25. November, um 16 Uhr in der Mehrzweckhalle des Tutzinger Klosters gespielt. (Tickets sind erhältlich in der Reiseagentur Tutzing, Hauptstraße 52, Telefon 08159/25950).

© SZ vom 19.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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