Verkehrsplanung:Entscheidung kurz vor Mitternacht

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Der Stadtrat beschließt nach einer teilweise turbulenten und ausführlichen Debatte eine Stellungnahme zum Bundesverkehrswegeplan. Dabei findet ein Papier der WPS eine Mehrheit

Von Peter Haacke, Starnberg

Das Bundesverkehrsministerium hat erstmals den Entwurf des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) zur Beteiligung der Öffentlichkeit ins Internet gestellt. Die Frist zur Stellungnahme endete am Montag um 24 Uhr. Auch der Starnberger Stadtrat wollte sich zum Thema B2-Tunnel daran beteiligen; erst in der Vorwoche war dazu ein Grundsatzbeschluss gefasst worden. Doch über den Inhalt war man sich im Gremium nicht einig, zumal die Stadtverwaltung unter Leitung von Bürgermeisterin Eva John keinen eigenen Entwurf beigesteuert hatte. In der jüngsten Sitzung am Montag sollte nun die Entscheidung fallen: Zur Wahl standen ein gemeinsamer Entwurf von CSU, UWG, Grünen und SPD sowie ein der Öffentlichkeit bislang noch immer unbekannter Text der WPS. Der Stadtrat votierte nach turbulenter Debatte mehrheitlich für die vermutlich ablehnende Stellungnahme der WPS.

Welche Folgen die wenige Minuten vor Ablauf der Frist per E-Mail versandte Stellungnahme der Stadt Starnberg hinsichtlich der drängenden Verkehrsproblematik hat, ist derzeit nicht absehbar. Das Prozedere zur Entscheidung über den Textentwurf aber mutet kurios an: Einige der 30 Stadträte hatten keine Möglichkeit, den WPS-Entwurf zu studieren. Das Rathaus hatte die Unterlagen erst am Vormittag verschickt.

Jürgen Busse (UWG) monierte, dass die Stadtverwaltung keine eigene Stellungnahme zum BVWP erstellt hatte und stellte fest: "Das ist nicht professionell." Mehrere Stadträte kritisierten, dass der Entwurf der WPS zu kurzfristig versandt worden war; aufgrund der knappen Zeit und beruflicher Belastung hatten sie den Entwurf nicht rechtzeitig studieren können. Bürgermeisterin John bestätigte den Postausgang für 10.43 Uhr. WPS-Chef Günther Picker, der angesichts der drängenden Zeit auf eine Abstimmung drängte, sah darin offensichtlich kein Problem: Der Stadtrat habe zwei Alternativen vorliegen, argumentierte er. "Wenn Sie die nicht gelesen haben: selber schuld", sagte Picker.

Im Gremium entstand nun sichtlich Unruhe, John versuchte die zunehmend gereizte Stimmung zu beschwichtigen: "Jetzt ist echt gut", sagte sie, "benehmt's euch wieder". Gleichwohl aber entglitt ihr sichtlich die Kontrolle über die Sitzung. Martina Neubauer (Grüne) beteuerte, um 10.43 Uhr habe ihr die WPS-Stellungnahme nicht vorgelegen, während das gemeinsame Papier von CSU, UWG, SPD und Grünen längst verschickt worden sei. Sie vermisste "Fairness und Gleichbehandlung" bei diesem für Starnberg wichtigen Thema. Der stellvertretende Landrat Tim Weidner (SPD) dagegen verließ unter Protest und zutiefst empört den Sitzungssaal, weil er keine Gelegenheit hatte, sich ausreichend zu informieren. Ludwig Jägerhuber (CSU) wollte wissen: "Was steht denn drin im Papier?" und kam zum Schluss: "Es gibt hier einige am Tisch, die gar nicht wissen, worüber sie abstimmen. Mehr können wir uns nach außen gar nicht blamieren."

Angesichts der zunehmend verfahrenen Situation plädierte Stefan Frey (CSU), der dem Ganzen immerhin eine heitere Note abgewann, dafür, eben beide Stellungnahmen als Statement der Stadt zu verschicken. Walter Jann (BLS) dagegen schlug vor, dass Starnberg besser gar keinen Beschluss zum BVWP abgeben möge und erntete dafür Applaus. Auch Franz Sengl (Grüne) befand, unter den gegebenen Umständen sei eine Abstimmung sinnlos. John ließ dennoch abstimmen; ihre Teilnahme verweigerten Neubauer und Sengl. Mit Stimmen der WPS, BMS, FDP und BLS (ohne Jann) wurde das WPS-Papier 30 Minuten vor Mitternacht auf den Weg gebracht.

© SZ vom 04.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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