Verkehr:Starnberger sollen neue Wege gehen

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Der ehemalige Kreisbaumeister Helmut Rauscher, 73, hat sich Gedanken zu einer geänderten Verkehrsführung in der Starnberger Innenstadt gemacht. (Foto: Georgine Treybal)

Der ehemalige Kreisbaumeister Helmut Rauscher appelliert an Stadträte und Bürger an eine Verkehrsberuhigung in der Innenstadt zu denken - jenseits der Debatte um Tunnel. Der 73-Jährige hat dazu ein Konzept erarbeitet

Von Peter Haacke, Starnberg

Die Stadt, der See und der Verkehr - das ist ein Dreiklang, der die Starnberger geradezu elektrisiert. Seit nunmehr drei Jahrzehnten plagen sich Stadträte mit dem weithin ungelösten Problem, die stetig wachsende Flut von Blechkarawanen in der Kreisstadt einzudämmen, die weitgehend fruchtlose Diskussion gipfelt zumeist in der Fragestellung: Tunnel oder Umfahrung? Einen anderen Ansatz verfolgt dagegen der ehemalige Kreisbaumeister Helmut Rauscher. Der 73-Jährige im "Unruhestand" hat sich mit der Verkehrsführung im Starnberger Innenstadtbereich befasst und dabei auf die besten bereits bestehenden Ideen aus den letzten Jahrzehnten zurückgegriffen. Die erneute Präsentation seines Konzepts im Hotel "Bayerischer Hof" auf Initiative von UWG, SPD und B'90/Grüne lockte am Dienstag trotz Urlaubszeit immerhin rund 30 Interessierte an - darunter auch Vertreter von WPS, Bürgerliste und FDP.

Schon seit Monaten befasst sich der Agenda-Arbeitskreis "Verkehr" intensiv mit den Plänen des ehemaligen Kreisbaumeisters, der sich - unabhängig von Tunnel oder Umfahrung - Gedanken zur Entlastung der Innenstadt vom Autoverkehr gemacht hat. Dabei legt Rauscher Wert auf ein Miteinander der verschiedenen Verkehrsteilnehmer - seien es Fußgänger, Radfahrer, Autofahrer oder Nutzer des öffentlichen Personennahverkehrs. Im Fokus seiner Überlegungen stehen drei wesentliche Aspekte: Die fünfstrahlige Kreuzung am Tutzinger Hof mit aufwendiger Ampelschaltung soll in eine "normale" Kreuzung mit vier Ästen verwandelt werden, die Ein- und Ausfahrt über die Wittelsbacherstraße wird geschlossen. Autofahrer sollen über die Ludwigstraße, womöglich aber auch über die Bahnhofstraße, die Stadtmitte erreichen. Und Wittelsbacherstraße, Maximilianstraße sowie Bahnhofsvorplatz werden zum "Shared Space" - also zur gleichberechtigten Zone für Fußgänger, Rad- und Autofahrer - ausgebaut.

Hinzu kommen diverse Detaillösungen wie Mini-Busse im Zentrumsbereich, die konsequente Ausnutzung der Stellplatzkapazitäten in Tiefgaragen durch ein modernes Parkleitsystem sowie Um-, Aus- und Rückbau, Verbreiterung oder Verschmälerung von Straßen. "Ich denke, da kann man sehr viel machen", sagte Rauscher - eine Anmerkung, die man häufiger von ihm hört bei Präsentation des Plans, der im Übrigen stetig weiterentwickelt wird. Die Gefahr ist zwar groß, das weiß auch Rauscher, dass man "vom Hundertsten ins Tausendste" gerät. Aber bei jeder Vorstellung seiner Überlegungen - und das ist der andere Aspekt - "hat sich der Plan ergänzt".

Freilich beinhaltet Rauschers Konzept auch Schwächen und Unwägbarkeiten. So dürfte die Aufnahmekapazität der hoch belasteten Hauptstraße zu Spitzenzeiten im morgendlichen und abendlichen Berufsverkehr kaum ausreichend sein. Kritisch gesehen werden muss auch das Ansinnen, die Hauptstraße auf eine Breite von 9,20 auf nur 6,50 Meter zu reduzieren - vom Umbau der Kreuzung Ludwig-/Hauptstraße mal ganz abgesehen - und das Einbahnstraßensystem in der Innenstadt. Hilfreich könnte hier eine Verkehrssimulation sein.

Aber das Konzept habe "durchaus seinen Charme", sagte Frank Hauser (SPD). Und Stadträtin Christiane Falk befand: "Ich hab' das erste Mal das Gefühl, dass es hier ein echtes Konzept für die Innenstadt gibt." Ohnehin waren sich die meisten Zuhörer bei einem Aspekt einig: Die Menge der Fahrzeuge in der Innenstadt muss reduziert werden. Zur Disposition steht dabei auch der bislang nicht bewirtschaftete Park-and-Ride-Parkplatz am Bahnhof See, der - bedingt durch den Halt des Regio-Zuges - überwiegend von Pendlern genutzt wird. Rauscher empfiehlt die Verlegung des Zughalts an den Bahnhof Nord, wo das Parkhaus aufgestockt werden soll. Und zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität in der Stadt würden Stellplätze entfallen: "Der Anspruch, überall in Starnberg parken zu können, ist schon recht speziell", sagte Rauscher, und ergänzte mit Blick auf sein Konzept: "Es kommen nicht mehr alle rein", sagte er, "das muss klar sein".

In der anschließenden Diskussion überwog die Meinung, dass eine geänderte Verkehrsführung und ein stufenweiser Umbau - losgelöst von der Tunnel- und Umfahrungsdebatte - insbesondere "eine Frage der Umgewöhnung" sei. Mittlerweile biete der Gesetzgeber eine Vielzahl von Möglichkeiten für verkehrsberuhigte Geschäftszonen, Fußgängerzonen oder Shared Space, erklärte Rauscher - und fand dafür Unterstützung. Christiane Falk sagte: "Wir müssen unsere Chance nutzen"; Angelika Wahmke (BLS) befand: "Der Starnberger muss einfach gezwungen werden". Und Martina Neubauer (Grüne) meinte angesichts der festgefahrenen Verhältnisse: "Ich bin fürs Ausprobieren. Starnberger - traut euch doch auch mal was!"

© SZ vom 20.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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