Verkehr:Altes Problem, neue Ideen, keine Pläne

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In der Starnberger Bürgerversammlung werden Änderungsmöglichkeiten an Problemstellen vorgestellt. Die Resonanz der Bürger ist ungewöhnlich groß

Von Peter Haacke, Starnberg

Die Bürgerversammlung zum Thema "Verkehr" am Donnerstagabend in der Schlossberghalle ist auf erwartet große Resonanz gestoßen: Mehr als 250 interessierte Starnberger Bürger fanden sich im viel zu kleinen Saal der Schlossberghalle ein, um sich über den Stand der aktuellen Planungen für die Innenstadt zu informieren. Der Erkenntnisgewinn indes hielt sich in Grenzen: Abgesehen von der allseits bekannten Tatsache, dass die Kreisstadt von Verkehr hoch belastet ist, vermittelte die Veranstaltung den Eindruck verschiedenster Änderungsmöglichkeiten für die Verkehrsführung. Entschieden aber, hieß es, sei noch nichts. Rund 40 Anwesende kamen zu Wort, um Anregungen, Kritik und Verbesserungsvorschläge zu äußern. Trotz erheblichen Unmutes, der in den vergangenen Wochen aufgrund erheblicher Verkehrsbelastungen in Wittelsbacherstraße und Kaiser-Wilhelm-Straße aufgekommen war, gab es überraschenderweise kaum Kritik an Bürgermeisterin Eva John.

Die Starnberger Bürgerversammlung zum Thema "Verkehr" lockte mehr Interessierte in die Schlossberghalle als von der Stadtverwaltung erwartet. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Stadtbaumeister Stefan Weinl und SHP-Geschäftsführer Jörn Janssen aus Hannover, der mit seinem Team einen "Verkehrsentwicklungsplan" für die Kreisstadt erstellt, führten in einem kurzweiligen, aber sehr detailreichen Referat knapp 45 Minuten lang ins hochkomplexe Thema ein. Explizit ließ man das Thema "Tunnel oder Umfahrung" dabei außen vor. Stattdessen rückte Weinl die Aspekte "barrierefreie Kommune", Aufenthaltsqualität, Kaufkraftabfluss, Bussystem, Parkplatzkapazitäten oder "gleichberechtigter Verkehr" in den Fokus. Janssen verdeutlichte anhand kurzer Filmsequenzen die aktuelle Situation am Tutzinger-Hof-Platz ("Das kennen alle"), in der Maximilianstraße ("nicht unkritisch") oder der Kaiser-Wilhelm-Straße ("nicht unproblematisch"). Er stellte richtig fest: "Das Auto hat Dominanz in diesen Bereichen", sagte er, "da bräuchten wir eine andere Qualität". Insbesondere der Durchgangsverkehr, der etwa am Bahnhofsplatz mit bis zu 7000 Fahrzeugen täglich die Hälfte des Aufkommens darstellt, müsse heraus aus der Innenstadt.

Für Janssen liegt der Schlüssel für eine Verkehrsentlastung - ohne Tunnel oder Umfahrung, aber mit Westumfahrung (ab 2018) - ohnehin am Tutzinger Hof: Die bislang fünfstrahlige Kreuzung soll auf vier Äste reduziert und damit optimiert werden; dadurch entfalle eine Ampelphase und schaffe "Reserven und Potenziale" auf der Bundesstraße 2. Es sei "zwingend notwendig, sich darüber Gedanken zu machen". Zudem präsentierte er die insgesamt zehn Varianten zur Änderung der Verkehrsführung in der Innenstadt, schränkte aber ein: "Da kann man auch zu anderen Lösungen kommen. Vor- und Nachteile haben alle." Hauptziel sei es, den Durchgangsverkehr zu unterbinden. "Da haben Sie schon ziemlich lange Entscheidungen vor sich hergeschoben", sagte Janssen.

Freilich ergab sich im Auditorium wiederholt die Frage, wohin denn der ausgesperrte Durchgangsverkehr angesichts stetig steigender Fahrzeugzahlen ohne Tunnel oder Umfahrung ausweichen soll. Weitere Beiträge betrafen Konflikte zwischen Radl-, Fuß- und motorisiertem Verkehr, die Rücksichtslosigkeit mancher Kraftfahrer und die ungenügende Radwegsituation, der erbarmungswürdige Zustand am Bahnhof See, die Lage der Bushaltestellen und der Wunsch nach kleineren ÖPNV-Fahrzeugen, den Mangel an Parkraum oder den überbordenden Ausflugsverkehr. Auch kam die Anregung, statt der im Stadtgebiet aufgestellten "Smiley"-Geschwindigkeitsanzeigen endlich auch zu "blitzen". Weitere Vorschläge sollen die Bürger per E-Mail an die Adresse Stadtverwaltung@starnberg.de (Stichwort: Innenstadt) gehen. An konkreten Forderungen der vergangenen Tage dürfte Bürgermeisterin John bereits mitgenommen haben: Freigabe der Wittelsbacherstraße ohne Schikanen in beide Fahrtrichtungen, Einbahnstraßenregelung für die Kaiser-Wilhelm-Straße und mehr Parkraum an der Peripherie der Stadt. SHP-Geschäftsführer Janssen jedenfalls stellte "Entlastung auf verschiedenen Ebenen" in Aussicht. Und am Thema Tunnel oder Umfahrung "sind wir auch dran", sagte Janssen.

© SZ vom 18.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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