Landwirtschaft:Die Ziegenbande der Goaßen-Franzi

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Franziska Eigner-Höpfl mit ihrer Ziegenbande. (Foto: Nila Thiel)

Franziska Eigner-Höpfl will sich in Rieden am Ammersee mit ökologischer Landwirtschaft selbständig machen. Über eine Art Crowdfunding für Direktvermarkter können Unterstützer ihre biologische Käseproduktion unterstützen.

Von Renate Greil, Utting

"Uns bleibt nur bauen oder aufhören", sagt Franziska Eigner-Höpfl zu ihrem Neubauprojekt eines eigenen Ziegenhofes in Rieden am Ammersee. Für die Goaßen-Franzi, wie sie sich selbst nennt, war die Entscheidung klar, Planung und Genehmigungsverfahren dauerten vier Jahre. An der Finanzierung können sich mittels Genussrechte Kunden und Unterstützer der ökologischen Landwirtschaft beteiligen. Zinszahlungen sind bei diesem Modell auch zum Anbeißen, also in Form der selbst produzierten Ziegenkäse, möglich. "Eine Art Crowdfunding" für Direktvermarkter meist ökologischer Produkte, erklärt die studierte Landwirtin das Modell in Kurzform. Eigens dafür macht sie eine Informationsveranstaltung und hofft auf zahlreiche Unterstützer. Von Herbst an soll auch ein Käse-Versand möglich sein, deshalb wird das Modell auch für diejenigen interessant, die sich nicht vor Ort mit Ziegenkäse eindecken können.

Eigner-Höpfl, 34, studierte Ökologische Landwirtschaft in Witzenhausen. Schon während dieser Zeit durften die ersten fünf Thüringer Waldziegen bei ihr einziehen, das ist jetzt zehn Jahre her. Die älteste Ziege in ihrer Herde ist zwölf Jahre alt, etwa fünfzig zu melkenden Ziegen hat sie gerade im Stall stehen. Eigner-Höpfl kennt jedes ihrer Tiere, auch wenn nicht alle Ziegen einen eigenen Namen haben. 100 Thüringer Waldziegen und 30 Weiße Deutsche Edelziegen hat sie derzeit an unterschiedlichen Standorten zu betreuen, zudem gibt es noch die Käseproduktion, die Fahrten auf die Wochenmärkte und dazu noch ihren Teilzeitjob in einem Bio-Supermarkt. Ihre Tage sind lang, die Freizeit gering, trotzdem steht die junge Frau an den meisten Tagen mit einem Lächeln im Gesicht auf, auch wenn um vier Uhr morgens der Wecker klingelt.

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Die Baustelle für den neuen Ziegenhof liegt in Sichtweite des Jackelhofes in Rieden, den es schon seit 1508 gibt und auf dem ihr Mann Michael Höpfl (32) aufgewachsen ist. Dort wohnt das Paar, das seit vergangenem Jahr verheiratet ist. Höpfl erzählt, dass der Jackelhof von seinem Bruder weiterbetrieben werden wird. Nun weiden die Milchkühe vom Jackelhof auf der Obstwiese während Höpfl mit dem Bagger weiter unten Erde wegschiebt. Heubergehalle, Jungziegenbereich, Stall, Maschinenhalle und Käserei werden dort gebaut. Hier sollen 240 Milchziegen samt Nachwuchs Platz finden.

Diese jungen Ziegen auf der Weide können noch keine Milch geben. (Foto: Nila Thiel)
Ehemann Michael Höpfl übernimmt die Erdarbeiten für den neuen Stall in Eigenregie. (Foto: Nila Thiel)
Franziska Eigner-Höpfl versorgt derweil die Tiere im Stall. (Foto: Nila Thiel)

Zur Straße hin soll ein eigener Verkaufsraum entstehen, denn das Landwirte-Paar setzt von Anfang an auf Direktvermarktung. "Mit Vertrauensbasis geht es leider nicht mehr", berichtet Eigner-Höpfl und überlegt, einen 24/7-Laden einzurichten. Hauptgeschäft ist der Käseverkauf. Verarbeitet werden derzeit täglich 120 Liter Ziegenmilch, das ergibt zwischen zehn und zwölf Kilo Käse. Hier hilft Vater Franz Eigner, der bei sich daheim in Holzhausen einen kleinen Produktionsraum eingerichtet hat. Der 65-Jährige fungiert als Käser und kümmert sich um das Marketing. Jetzt im Sommer preist Eigner, der den Kundenkontakt auf den Wochenmärkten in Utting und Inning schätzt, die Sorte Morrico an, die dem Mozzarella nachempfunden ist. In der Pfanne gebraten wird dieser ein schmackhaftes Sommergericht. In der Reifung hat Eigner derzeit Camembert. Außerdem gibt es im Sortiment Quark sowie Hirten- und Frischkäse, alles in Bio-Qualität. Die Ziegenbande, so der Markenname, ist Mitglied im Verband Naturland. "Ohne die Unterstützung der Familien wäre der Betrieb so nicht möglich", sagt die junge Frau und strahlt.

Vater Eigner unterstützt auch bei den Ausbauplänen, war er doch früher hauptberuflich im Tiefbau beschäftigt. "Wir machen soviel wie möglich selbst", sagt Tochter Franzi. Dennoch müssen sie in den neuen Hof rund 2,1 Millionen Euro investieren. Wenn alles fertig ist, wollen sie und ihr Mann, der ebenfalls noch in Teilzeit als Heizungsbauer arbeitet, ganz für den Hof und die Ziegen da sein.

Franz Eigner überprüft die Camemberts. (Foto: Nila Thiel)
Jeder Käse bekommt ein Etikett. (Foto: Nila Thiel)
Die Camemberts sind sehr beliebt. (Foto: Nila Thiel)

Verkauft wird der Käse aus einem Verkaufswagen heraus, außerdem gibt es die Produkte beim Biomarkt "La Vida" in Utting. Die Sorte Morrico gibt es neuerdings auch in den Tagwerk Biomärkten. Eigens für diese Zusammenarbeit hat Eigner-Höpfl weitere Tiere angeschafft und dabei die Rasse Weiße Deutsche Edelziege ausgewählt. "Der Charakter der Ziegen ist mir wichtig", sagt sie und lobt die ruhige, gelassene Art dieser Rasse. Der weiße Ziegenbock, der auf den Namen Casper hört, demonstriert das auch gleich perfekt und stellt sich in Pose. Jeden Abend möchte Casper von ihr gekrault werden, erzählt die Landwirtin. Temperamentvoller sind die Thüringer Waldziegen. Auf einer der fünf Weiden stehen 18 ein- und zweijährige Ziegen, die um den besten Platz am Salzstein wetteifern. Da werden schon mal Stöße verteilt, wenn das rangniedrigere Tier nicht Platz macht.

Franziska Eigner-Höpfl wusste früh, dass die Ziegenhaltung kein Hobby bleiben würde. (Foto: Nila Thiel)
Bock Casper möchte jeden Abend gekrault werden. (Foto: Nila Thiel)

Im Herbst kommen die Geißen zum Bock. Die Tragzeit beträgt fünf Monate, dann bringen die Ziegen meistens zwei Kitze zur Welt. Drei Kitze gibt es öfter als eines alleine, berichtet die Züchterin. Wenn die Milch nicht reicht, füttert sie mit der Flasche zu. Auch für die Kitze erwartet sie sich bessere Bedingungen auf dem neuen Hof. Im Herbst gehen die Jungböcke, die nicht als Zuchtböcke einen Platz finden, zum Metzger. Für die Fleischpakete hat sie eine Stammkundschaft, aber auch Bratwüste und Burger-Pattis werden hergestellt.

Dass die Ziegenhaltung für sie mehr sein würde, als ein Hobby, war Eigner-Höpfl schnell klar. Sie züchtet zwei Rassen, die vom Aussterben bedroht sind, und sitzt als zweite Vorsitzende im Vorstand des oberbayerischen Bezirksverband des Bayerischen Ziegenzuchtverbandes. Nun soll sich der Traum vom eigenen Ziegenhof erfüllen.

Weitere Informationen zur Ziegenband finden Sie hier .

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