Urteil:Wirt spart sich Sozialabgaben

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Gericht verurteilt Gastronom zu Freiheitsstrafe auf Bewährung

Von Christian Deussing, Starnberg

Der Gastronom war sich keiner Schuld bewusst. Er hat jedoch über Jahre hinweg laut Anklage für seinen Pizzabäcker, der für ihn auch in einem zweiten Lokal geputzt hat, rechtswidrig keine Sozialabgaben gezahlt. Wegen nicht abgeführter Beiträge in 38 Fällen, wobei ein Schaden in Höhe von 72 000 Euro entstanden ist, wurde der 48-jährige Wirt am Donnerstag vom Amtsgericht Starnberg zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung verurteilt. Zudem muss der verschuldete Gastronom mindestens 200 Euro monatlich an "Wiedergutmachung" an die Versicherungsträger zahlen.

Richterin Brigitte Braun folgte somit weitgehend dem geforderten Strafmaß des Staatsanwalts, weil der Angeklagte über längere Zeit so gehandelt habe und dabei ein hoher Schaden entstanden sei. Der Verteidiger konnte aber keinen Vorsatz erkennen und sprach von einer unternehmerischen Tätigkeit des Pizzabäckers. Dieser habe deshalb auch mehr als seine Kollegen verdient, die angestellt waren. Der Verteidiger plädierte auf einen Freispruch, ansonsten aber auf eine "moderate Geldstrafe", die gaststättenrechtlich keine Konsequenzen hätte. Doch mit dieser Strategie hatte der Anwalt in der Verhandlung keinen Erfolg.

Denn die Zeugin von der Rentenversicherung erklärte, dass der Pizzabäcker eindeutig abhängig beschäftigt und "ohne unternehmerisches Risiko" im Betriebsablauf fest eingebunden gewesen sei. Es habe letztlich nur den einen Auftraggeber als Chef für ihn gegeben - abgesehen von der "künstlerischen Freiheit", die Pizza kreativ belegen zu dürfen. Der Mitarbeiter hatte allerdings nebenher eine Putzfirma gegründet und anfangs versucht, über Werbung Aufträge zu erhalten. Diese Phase wurde aus der ursprünglichen Schadenssumme von 92 000 Euro herausgerechnet.

Der Angeklagte erklärte im ruhigen Ton, dass bei sämtlichen Prüfungen in seien Lokalen sonst nichts beanstandet worden sei - bis auf den Fall des Mitarbeiters, der auf Rechnung für 13 Euro die Stunde gearbeitet habe. "Bei ihm gab es auch keine festen Urlaubsregeln", er habe auch über längere Zeit wegbleiben können, führte der Verteidiger an. Jedenfalls sei dies ein Sonderfall und keineswegs erwiesen, dass Beiträge vorsätzlich hinterzogen worden seien, betonte der Rechtsanwalt.

Mit diesem Urteil steht nun die berufliche Existenz seines Mandanten endgültig auf dem Spiel, zumal weiterhin ein Insolvenzverfahren gegen ihn läuft. Nach dem Schuldspruch könnte es noch schwieriger für den Gastronomen werden. Immerhin lobte ihn aber die Richterin für sein kooperatives Verhalten bei den Ermittlungen.

© SZ vom 16.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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