Neubau zu auffällig:Tutzing lehnt Villa in Diamantform ab

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In Tutzing wird die Aufnahme einer historischen Villa in die Denkmalliste begrüßt. Der Entwurf eines spektakulären modernen Hauses, das zur Attraktion werden könnte, hingegen abgelehnt.

Von Manuela Warkocz, Tutzing

Ein historisches Landhaus und ein mutiger Entwurf für ein modernes Wohnhaus in Diamantform - zwei Objekte, mit denen sich der Tutzinger Bau- und Ortsplanungsausschuss kürzlich befasste. Dass die fast hundertjährige Villa "Haus Feynald" samt Glockenturm, bleiverglasten Fenstern mit Glasmalereien und Pfeilern mit expressiven figürlichen Darstellungen an der Seestraße 4 unter Denkmalschutz gestellt wird, fanden alle Ausschussmitglieder großartig. Genauso vehement fegten sie hingegen das extravagante Diamanthaus vom Tisch. Dabei hätte der Entwurf für das Zwickelgrundstück an der Kustermannstraße 34 durchaus das Format, Pilgerziel für die "Architektouren" der Bayerischen Architektenkammer zu werden oder womöglich ebenfalls in 100 Jahren in der Denkmalliste zu landen.

Die Villa "Haus Feynald" von 1924 wird unter Denkmalschutz gestellt. Das Anwesen gilt als Beispiel für die Reformarchitektur der 1920er Jahre in Bayern. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Derzeit steht auf dem knapp 650 Quadratmeter großen Grundstück ganz oben an der Ecke Kustermannstraße und am Oberen Vocherl ein Bungalow, den der Eigentümer wegen Feuchtigkeit abreißen lassen will. Was der Münchner Architekt Kurt Tillich stattdessen auf dem Hangareal entworfen hat, ist ein Neubau in Splitlevelbauweise mit Erdgeschoss, Obergeschoss und teilweise sichtbarem Untergeschoss. Ein ineinander verschachtelter heller Baukörper mit mehreren schrägen Wänden und einer Kombination aus Flach- und Steildach. Auf einem Teil des Dachs ist eine nicht sichtbare Fotovoltaikanlage vorgesehen, andere Bereiche von Dach und Fassade sollen begrünt werden.

Gebaut werden darf nur, was sich in die Umgebung einfügt - und das ist Geschmackssache

Einen Bebauungsplan gibt es für das Wohngebiet nicht, die Bebaubarkeit richtet sich also gemäß Paragraf 34 des Baugesetzbuchs danach, was sich in die Umgebung einfügt. Der Entwurf füge sich dort gar nicht ein, befand Bürgermeisterin Marlene Greinwald (Freie Wähler) nach einem Ortstermin mit Blick auf die Nachbargebäude. Die Mehrheit teilte diese Meinung. Einige wie Thomas Partstorfer (CSU) fanden den Vorschlag schlicht "greislich". Andere wie Fraktionskollege Peter Stich führten Argumente ins Feld wie die Baumwurfgefahr durch den nahen Wald. Einzig Christine Nimbach (Grüne) befürwortete den Aufsehen erregenden Neubau.

Architekt Kurt Tillich, der die Diskussion im Rathaus mit verfolgt hatte, bedauert die Ablehnung. "Auch wenn der Baukörper nicht dem traditionellen Satteldachtypus entspricht, geht er mit seinen Dachschrägen und der Materialität stärker auf die Umgebung ein als beispielsweise eine weiße Flachdachvilla", nimmt er für sich in einer Beschreibung in Anspruch und kritisiert damit die Würfelarchitekur, die sich in Tutzing breit macht. "Die finde ich einfach langweilig", sagte Tillich nach der Sitzung. Auch der Bauherr, mit dem er seit Jugendtagen befreundet sei, habe "sehr dezidierte Vorstellungen".

Der Planer erhielt bereits mehrere Architektenpreise

Für den Unternehmer hat der Planer schon ein Büro- und Produktionsgebäude im Münchner Norden errichtet. Der schwarze Bau für "Die Textilmacher GmbH" besticht durch eine Fassade, die wie gefaltet wirkt. Für dieses erste größere Projekt erhielt Tillich, der "Tillicharchitektur" in München 2011 gegründet hat, mehrere Preise, darunter den Architekturpreis "max40 - Junge Architekten 2016" vom Bund Deutscher Architekten (BDA). Tillich will den Tutzinger Entwurf jetzt überarbeiten und eine erneute Bauvoranfrage einreichen.

© SZ vom 16.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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