Tonbandaufnahme:Stadtrat fordert Rüge für Eva John

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Mehrheit moniert Mitschnitt der Sitzungen - auch in den Pausen

Die Überraschung war groß, als Bürgermeisterin Eva John (BMS) im Prozess über das Honorar eines früheren Anwalts der Stadt mit der Aufzeichnung eines Pausengesprächs im Stadtrat argumentierte. Der Richter staunte über das Protokoll, umso mehr der Anwalt, der nach eigenen Angaben davon nichts wusste. Auch Stadträte fühlten sich vor den Kopf gestoßen. "Wenn ich in der Pause mit Herrn Frey herumblödele, möchte ich nicht, dass das aufgezeichnet wird", sagte Angelika Kammerl (Parteifreie). Sie und 15 weitere Mandatsträger forderten das Landratsamt dazu auf, John dafür eine Rüge zu erteilen - der Antrag erhielt eine klare Mehrheit.

Die Stadtverwaltung bestätigte die Praxis. Die jeweiligen Schriftführer zeichneten die Sitzungen auf, um Niederschriften zu erstellen. Die Aufnahme laufe bis zum Ende der Sitzung ununterbrochen durch - also auch in den Pausen. Diese werde gelöscht, nachdem der Stadtrat das Protokoll genehmigt hat. Obwohl solche Aufzeichnungen grundsätzlich auch rein private Unterhaltungen festhalten könnten, gebe das die Rechtslage her - wenn der Vorsitzende und das Kollegium einer Sitzung sich damit einverstanden zeigten.

Eine Mehrheit des Stadtrats kritisierte die Vorgehensweise. Martina Neubauer (Grüne) bezweifelte, dass die Aufnahmen rechtzeitig gelöscht würden. Otto Gaßner (UWG) monierte, dass die Mitglieder teilweise monatelang auf die Protokolle warten mussten. Überprüfungen von Stadträten hätten ergeben, dass die Niederschriften die Gespräche nicht wörtlich wiedergäben. Zweiter Bürgermeister Klaus Rieskamp (Parteifreie) sagte: "Mir stehen die Haare zu Berge."

John widersprach, Aufzeichnungen seien nicht unerlaubt ausgewertet worden. Die Verwaltung schlug jedoch selbst vor, die Aufnahmen während der Pausen künftig zu unterbrechen und Sitzungsteilnehmer, die nicht dem Gremium angehören, etwa Referenten oder Gutachter, über die Aufzeichnung zu informieren. Das fand zwar eine große Mehrheit, genügte dem Stadtrat aber nicht. Der Forderung nach einer Rüge gegen John schlossen sich 18 Mitglieder an. Dagegen stimmten die sieben anwesenden Vertreter von WPS, BMS und FDP. Martina Neubauer gab zu Protokoll, dass die Bürgermeisterin mitgestimmt habe, obwohl sie persönlich von dem Beschluss betroffen sei.

© SZ vom 16.04.2019 / dac - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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