Suchtberatungsstelle zieht Bilanz:Alkoholkrank im Alter

Lesezeit: 2 min

Trends wie das Koma- oder Flatratesaufen sind hingegen bei den Jugendlichen stark rückläufig

Von Carlotta Cornelius, Starnberg

Die gute Nachricht: Im Landkreis Starnberg ist die Zahl der Drogenkonsumenten nicht weiter angestiegen. Die schlechte: Unverändert hoch ist der Anteil der Alkoholabhängigen und immer mehr Jugendliche greifen zu Cannabis. Was schon der aktuelle Jahresbericht der Starnberger Brücke vermuten ließ, scheint der Jahresbericht der hiesigen Condrobs Suchtberatungsstelle zu bestätigen: "Etwa 20 bis 25 Prozent unserer Klienten haben Probleme mit Cannabis", sagt Matthias Taube, seit 2016 Leiter der Einrichtung.

Das macht - nach den Alkoholabhängigen im konstanten Bereich von etwa 60 Prozent - die zweitstärkste Gruppe aus. Tatsächlich kiffen vor allem Jugendliche und junge Erwachsene. "Jugendliche reden sich den Konsum oft schön", sagt Wolfram Skasa-Weiß, als Sozialpädagoge für Präventionsprogramme zuständig. Folgen wie psychische Störungen von Depressionen bis hin zu Schizophrenie würden oft erst spät bemerkbar. Insbesondere bei Minderjährigen im Wachstum sei der Konsum gefährlich, da die Entwicklung neuronaler Verbindungen beeinflusst werde.

Große Sorgen bereitet Condrobs nach wie vor der Alkohol. "Die Zahl der über 60-Jährigen, die mit einer Alkoholvergiftung eingeliefert werden, steigt", sagt Skasa-Weiß. Der demografische Wandel werde das Problem in den kommenden Jahren wohl noch verstärken. Zudem bestimmten Verfügbarkeit und Preis nach wie vor das Konsumverhalten. Einen positiven Wandel sieht Taube darin, dass Trends wie das Koma- oder Flatratesaufen bei Jugendlichen in den vergangenen Jahren stark abgeflaut seien. "Die derzeitige Jugendkultur ist sehr auf die eigene Gesundheit bedacht. Daher verzeichnen wir hier eher einen Rückgang an Konsumenten."

Ein relativ neues und brandaktuelles Thema ist die Drogenprävention bei minderjährigen Flüchtlingen, dem sich Condrobs mit dem Projekt "Sucht und Flucht" verstärkt widmet. "2015 sind die Zahlen ziemlich nach oben gegangen", bestätigt Skasa-Weiß. So handle es sich bei den Flüchtlingen um eine "sehr spezielle Klientel", da oft persönliche Hintergründe wie Traumata oder kulturelle Aspekte eine Rolle spielten. "Risiken anzuerkennen ist wichtig, es ist aber auch wichtig zu wissen, welche Gefühle dahinterstecken."

Auch dem bisherigen Randthema Sucht und Familie will man sich in Zukunft mehr widmen. "Kinder in suchtbelasteten Familien unterliegen einem erhöhten Risiko, auch später abhängig zu werden", sagt Taube. Mindestens ein Drittel sei potenziell gefährdet. Beim Schulterschluss-Projekt wolle man Betroffene in Zusammenarbeit mit hiesigen Frühförderstellen und Jugendämtern auffangen. "Wir arbeiten auf Basis der Freiwilligkeit und nicht des Zwangs", betont Taube.

Trotz der Zunahme an Konsumenten im mittleren Lebensalter zieht man bei Condrobs ein positives Fazit zum Vorjahr: "Die Zahlen sind relativ konstant geblieben", sagt Taube. So bediene man derzeit etwa 700 Klienten, darunter mit 30 Prozent eine wachsende Anzahl Angehöriger. Allerdings: "Das Thema Sucht im Alter wird uns in den nächsten Jahren zunehmend beschäftigen."

© SZ vom 26.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: