Porträt:Der Mann als Muse

Lesezeit: 3 min

Bevor Stephanie Schuster Autorin wurde, hat sie mehr als 20 Jahre lang als Illustratorin gearbeitet. (Foto: Nila Thiel)

Autorin Stephanie Schuster widmet sich in ihren Romanen Frauen in verschiedenen Lebenssituationen. Dafür recherchiert die Pöckingerin akribisch genau - und vertraut auf den Rat ihres Gatten.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Pöcking

Zwei Frauen, zwei Schicksale, unterschiedliche Zeiten: Anna wird im Jahr 1910 durch die Heirat ihres Vaters schmerzhaft aus ihrer behüteten Welt hinauskatapultiert. Auf einer Almhütte baut sie sich ein neues Leben im Einklang mit der Natur auf. Die Pharmaziestudentin Eva lebt gut 60 Jahre später: Sie findet 1976 zurück zur Natur. Was beide Frauen verbindet, ist die Welt der Pflanzen und der Düfte. Das kommt nicht von ungefähr, denn viel später erfährt Eva, dass Anna ihre Großmutter ist.

Wie schon in ihrer Romantrilogie "Wunderfrauen" stellt Autorin Stephanie Schuster auch in ihrem neuen Roman "Glückstöchter" Frauen in unterschiedlichen Lebensbereichen in den Fokus. Doch im Gegensatz zu ihren früheren Büchern sind die beiden Protagonistinnen dieses Mal durch ein Familiengeheimnis verbunden. Hauptthema sind Gerüche und Düfte, das hat Schuster schon immer fasziniert. Denn sie betreibt zusammen mit ihrem Ehemann Thomas einen Bio-Bauernhof in Pöcking mit Schafen und Ziegen. Sie ernährt sich biologisch und kennt den Duft von frischem ungespritzten Gemüse. Schuster hat drei Kinder und vier Enkel und lebt schon seit ihrer Geburt in der kleinen Gemeinde Pöcking. Sie wohnt in einem Holzhaus, das ihr Ehemann Thomas, ein Landwirt und Schreiner, selbst gebaut hat. Zudem ist ihr Mann ihr wertvollster Ratgeber, der viele Ideen zu ihren Geschichten beisteuert. "Ich muss keine Angst haben, dass mir die Ideen ausgehen", sagt sie. "Thomas fällt immer etwas ein."

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Schuster recherchiert gerne vor Ort. In ihrem jüngsten Werk hat sie sich für Anna, die Tochter eines Botanikers, als Heimat das Kloster Wessobrunn ausgedacht, den heutigen Sitz eines Naturkosmetikunternehmens. In unmittelbarer Nähe steht das bekannte Naturdenkmal "Tassilo-Linde". Diese Region kennt Schuster gut. Als Schülerin hat sie dort Besinnungstage verbracht, in der Kosmetikfirma eine Führung mitgemacht. Generell ist es ihr sehr wichtig, die Handlung ihrer Romane in einer Umgebung anzusiedeln, die ihr bekannt ist. Zudem befragt sie stets Zeitzeugen und Fachleute, damit sie realitätsnah schreiben kann. So hat Schuster beispielsweise mit den Gründern der Bio-Firma "Rapunzel" gesprochen, die 1974 mit einem kleinen Naturkostladen bei Augsburg angefangen hatten.

Auch für die facettenreiche Figur Eva hat sie genau recherchiert. Denn Eva ist eine so genannte Nase - also eine Frau mit ganz besonderem Geruchssinn, die jeden Duft, den sie schon einmal gerochen hat, sofort zuordnen kann. "Mit dieser Gabe muss sie erst umgehen lernen", sagt Schuster. Sie selbst musste sich nicht nur mit dem Berufsbild, sondern auch der Beschreibung der Düfte auseinandersetzen. Zwar gebe es eine grobe Zuordnung, wie Düfte riechen: blumig, holzig oder zitronig. Aber es sei gar nicht so einfach, treffende Begriffe für eine detaillierte Charakterisierung eines Duftbouquets zu finden, erklärt die Autorin. Darüber hinaus musste sich Schuster auch in eine Zeit hineindenken, in der sie noch gar nicht geboren war. Eva lebt in einer WG, in der großer Wert auf gesunde Ernährung und Bio-Lebensmittel gelegt wird. Das war damals nicht selbstverständlich. Auch die Herstellung von Naturkosmetik galt in den 1970-er Jahren als exotisch.

Die Autorin recherchiert genau und besucht Zeitzeugen

Schuster hat dafür eine Zeitzeugin befragt, die in den 1970-er Jahren in einer Münchener WG gelebt hat. Damals wurden ungespritzte Lebensmittel am Güterbahnhof in München-Laim verkauft, hat die Autorin herausgefunden. Natürlich habe es damals noch keine Zertifizierung gegeben, so Schuster. Stattdessen habe man gute Ware nach dem Geruch beurteilt. Weil Eva aus einem Friseurgeschäft stammt, hat sich die Autorin auch mit dieser Berufsgruppe auseinandergesetzt. Es sei sehr interessant, bei den Menschen Erinnerungen wachzurufen, betont sie. "Es gibt so viele spannende Dinge vor Ort, die man erzählen kann."

Die Entscheidung, wo sie die Handlung ansiedeln könnte, fällt sie normalerweise zusammen mit ihrem Ehemann Thomas. Für Anna haben sie beispielsweise die 1320 Meter hohe Staffelalm bei Kochel als Ort der Handlung gewählt, die im Roman "Tonka Alm" heißt. Auch dort ist Schuster selbst gewesen und hat sich lange mit der Sennerin unterhalten.

Bevor geschrieben wird, wird gemalt

Nach ihren Recherchen malt die Autorin einen genauen Plan zum Aufbau. Das kommt nicht von ungefähr, denn Schuster hat mehr 20 Jahre als Illustratorin Geschichten für andere bebildert, ehe sie sich entschied, selbst zu schreiben. Zunächst schreibt sie ihre Geschichten auf Papier, dann benutzt sie den Computer. Sie arbeitet strukturiert, beginnt stets mit dem ersten Kapitel und schreibt ein etwa 20 Seiten langes Konzept für den Verlag. Dabei stellt sie die Figuren vor. Die Charaktere sind der Autorin zufolge frei erfunden, wobei sie einzelne Facetten real existierender Menschen einbaut. Ist das erste Kapitel fertig, schreibt sie sofort das letzte. "Ich weiß, wo ich hinschreibe", erklärt die Autorin, die auch Kurse für literarisches Schreiben gibt. "Glückstöchter" soll wieder eine Trilogie werden. Die Handlung für die zwei Folgebände hat Schuster bereits im Kopf.

Der Roman "Glückstöchter - einfach leben" ist der siebte Roman, der unter Stephanie Schusters eigenen Namen veröffentlicht wurde. Er ist im S. Fischer Verlag erschienen und seit Ende März im Buchhandel erhältlich.

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