Starnberger See:Reiche Bürger, armes Tutzing

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Die Gemeinde profitiert nicht von Vermögenden. Sie muss als Schlusslicht im Landkreis mit kargen Finanzen leben.

Von Manuela Warkocz, Tutzing

Direkt am See hat zwar der König von Thailand sein feudales Domizil. Auch andere Millionäre schätzen Tutzing sehr als Wohnort. Die 10 000-Einwohner- Gemeinde hat von den Vermögenden freilich nicht viel. Sie schnürt für dieses Jahr ein sehr knappes Finanzpaket. Mit einem Gesamthaushalt von nur 28,6 Millionen Euro bildet Tutzing auch 2019 wieder mit Abstand das Schlusslicht aller 14 Kommunen im Landkreis. Zwar ist der Haushalt, den die Gemeinderäte am Dienstag einstimmig verabschiedet haben, solide aufgebaut. Auch an den freiwilligen Leistungen wie Vereinszuschüssen wurde nicht gerüttelt. Doch die Finanzlage wird sich in Zukunft verschärfen, wenn es nicht gelingt, mehr Einnahmen zu erzielen. Das betonten mehrere Sprecher.

"Unser Finanzspielraum ist nicht groß", verdeutlichte auch Bürgermeisterin Marlene Greinwald (Freie Wähler) eingangs der Haushaltsdebatte. Die fiel sehr kurz aus, war das 300 Seiten umfassende Werk doch schon vor Weihnachten in zwei nichtöffentlichen Sitzungen ausgiebig beraten worden. "Sehr, sehr harmonisch", wie CSU-Finanzexperte Thomas von Mitschke-Collande betonte. Großes Lob erhielt von allen Seiten auch die erfahrene Kämmerin Manuela Goldate. Die Kernzahlen, die sie vorlegte, sind allerdings ernüchternd.

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Der größte Einnahmeposten ist die Beteiligung an der Einkommenssteuer mit 7,8 Millionen Euro. Die Krux für Tutzing ist aber, dass die Kappungsgrenze höhere Zuweisungen der Vermögenden verhindert, wie Wolfgang Behrens-Ramberg (Tutzinger Liste) unterstrich. Der Hauptanteil wandert in den Säckel des Freistaats. Gleichzeitig wird die Kommune mit immer mehr Pflichtaufgaben belastet. An Gewerbesteuer sind 4,2 Millionen Euro angesetzt. Vielleicht fällt sie auch wieder höher aus - wie vergangenes Jahr, als letztlich 4,6 Millionen eintrudelten. 2017 musste man dagegen als böse Überraschung plötzlich mit nur 3,9 Millionen klar kommen. Der Gewerbesteuersatz bleibt mit 300 Prozent konstant. Greinwald will alles daran setzen, mehr Einnahmen durch die Ausweisung neuer Gewerbeflächen zu erzielen.

Diesen Weg lehnt Bernd Pfitzner (Grüne) ab. Die Gemeinde dürfe nicht ihre letzten Grundstücke und die Natur verkaufen, sondern solle innovative Lösungen finden. Bei den Ausgaben führt die verpflichtende Umlage an den Landkreis die Liste mit 5,7 Millionen Euro an. Eine feste Größe sind die Personalkosten. Bei den knapp 4,5 Millionen sind schon Tariferhöhungen und Stellenmehrungen eingerechnet. Für etliche Stellen finden sich auf dem leer gefegten Markt keine Mitarbeiter.

Das ist auch der Grund dafür, dass Tutzing mit einem Investitionsstau kämpft. Eingestellte Finanzposten aus dem letzten Haushalt wurden gar nicht abgerufen. Sieben Millionen Euro sollen heuer investiert werden. Greinwald nennt als Hauptposten die Erneuerung der Hauptstraße, die Sanierung des Brunnens Kerschlach, Brückensanierungen, eine neue Wasserleitung in der Weilheimer Straße in Traubing und je ein Löschfahrzeug für die Tutzinger und die Traubinger Feuerwehr. An Vereine und Verbände überweist die Gemeinde knapp 190 000 Euro.

Kritisch schätzt die Kämmerin die Aussichten in der mittelfristige Finanzplanung ein. Schon heuer dampft Tutzing seine Rücklagen voraussichtlich von 9,5 auf 4,7 Millionen Euro ein. Bis 2022 müssen wohl mehr als fünf Millionen an Krediten aufgenommen werden - sofern das Landratsamt dem ärmsten Ort Finanzieren auf Pump erlaubt.

© SZ vom 17.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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