Starnberger Musiktage:Auftakt mit Verve

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Zum Auftakt der Starnberger Musiktage auf der Bühne (von links): Laura Szabo (Violoncello), Rudens Turku (Künstlerischer Leiter), Fabiola Tedesco, Oskar Kaiser (beide Violine), Débora Halász (Cembalo), Barbora Butvydaite (Viola) und Toko Nishizawa (Kontrabass). (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Schon beim Eröffnungskonzert in Niederpöcking zeigen die Teilnehmer der Osterakademie von Rudens Turku großes Können

Von Reinhard Palmer, Starnberg

Mehr als 100 junge Instrumentalisten von fast allen Kontinenten sind wieder nach Starnberg angereist, um an der Osterakademie der 18. Starnberger Musiktage teilzunehmen. Einmal mehr sind diese mit einem Festival verbunden, in dem weniger die Dozenten im Vordergrund stehen sollen, als vielmehr die fortgeschrittenen Studenten und Stipendiaten. Künstlerischer Leiter Rudens Turku zeigte sich im Eröffnungskonzert in der Orangerie des Hotels La Villa in Niederpöcking sichtlich stolz, mit einem Ensemble musizieren zu können, dessen Mitglieder er zum Teil seit vielen Jahren betreut. Allen voran der Neapolitaner Andrea Cicalese, den Turku in einer kleinen Inszenierung scheinbar zufällig aus dem Publikum pickte, um ihn für den vermeintlich erkrankten Sologeiger einspringen zu lassen.

Für viele Konzertbesucher war dieser Scherz wohl zunächst glaubhaft, traut man doch einem Dreizehnjährigen kaum zu, die zweite Solostimme in Bachs Doppelkonzert d-Moll BWV 1043 zu übernehmen. Das sollte sich bald ändern. Neben den Meisterstudenten Fabiola Tedesco und Oskar Kaiser (Violinen), Barbora Butvydaite (Viola) sowie Laura Szabo (Violoncello) boten die renommierte Cembalistin Débora Halász sowie die Kontrabassistin Toko Nishizawa ein kernig packendes Continuo. Letzteres war schon als Grundlage von großer Bedeutung, denn Turkus Ansinnen geht eindeutig dahin, die Studenten in erster Linie mit lustvollem und spielfreudigem Musizieren zu motivieren. Ganz im Sinne der barocken Sinnenfreuden, die Bach bei dieser Komposition umso mehr verspürt haben mag, da sie eines der Ergebnisse der Studien der Werke Vivaldis ist. Die italienische Lebensfreude ist dem Werk deutlich anzumerken, auch wenn Bach seine Kompositionsprinzipien keinesfalls dafür opfern musste. Ganz im Gegenteil: Gerade die Straffheit in der Durchbildung der drei Sätze gab dem Ensemble die Möglichkeit, ausgeprägt energisch und beherzt vorzugehen. Die satte Substanz machte das Werk umso köstlicher, zumal das Ensemble wie auch die beiden Solisten wunderbar zueinander fanden und mit einer reifen Homogenität staunen ließen. Davon profitierte insbesondere das getragene Largo, in dem Turku und Cicalese die feinsinnigen Reibungen ihrer Solostimmen mit klangschöner Wehmut ausfüllten. Die beiden Rahmensätze waren mit Verve ausgeführt. Doch während der Allegro-Kopfsatz feierlich strahlte, tankte das Vivace-Finale Energie aus höchst präziser Diktion und temperamentvollem Continuo.

In den beiden Haydn-Quartetten mit Turku als Primarius sowie Tedesco, Butvydaite und Szabo ging es vor allem darum, den lustvollen Zugriff mit satter Substanz in einer sorgfältig austarierten Klangkörper-Homogenität eines sensiblen Streichquartetts fortzuführen. Unter Turkus Führung gelang es dem Quartett mühelos, bei durchgehender Klangfülle dennoch reich in den Charakteristika zu variieren. Dabei jeweils deutlich ausgeprägt, zumal Turku seine Mitspieler in den beherzten Sätzen zu enormer Intensität zu animieren vermochte. Besonders reizvoll darin die volkstümlich-musikantischen Einschübe, etwa im heiter beschwingtem Menuetto des Lerchenquartetts op. 64/5 oder im Kopfsatz des Reiterquartetts op.74/3. Im letzteren scheute das Ensemble im leidenschaftlichen Schlusssatz auch nicht, stellenweise Tango-Temperament aufglühen zu lassen. Im Lerchenquartett verzauberte das Menuetto indes mit heiterer Beschwingtheit.

Die Homogenität des Ensembles zeigte sich am deutlichsten in den langsamen Sätzen, die mit feinsinniger Melancholie und warmer Substanz absolut überzeugten. Einen besonderen Genuss bereitete der warmtonige Sologesang in Turkus Part des Lerchenquartetts. In einer wehmütigen Variante war sein Solo in kurzen Passagen des Reiterquartetts zu hören, während das Menuetto des Werkes eher sprunghaft-polternd daherkam und seine Sperrigkeit zu einer besonderen Qualität ausprägte. Ein beherzter Festivalstart.

© SZ vom 22.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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