Starnberger Leute:Lebensabend im Herrenhaus

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"Früher sprach man noch vom zerstreuten Professor, heute von Krankheit", sagt Gerd Kuhrau. (Foto: Arlet Ulfers)

Gerd Kuhrau findet es falsch, Demenzkranke medikamentös ruhig zu stellen. Darum will er für sie eine Betreuung auf dem Niveau eines Vier-Sterne-Hotels auf die Beine stellen

Von Carolin Fries, Starnberg

Bislang gibt es nur ein Konzept. Damit daraus Realität wird, fehlt es Gerd Kuhrau an einer passenden Immobilie sowie an geeignetem Fachpersonal. Der 68-Jährige aus Starnberg will Demenzkranken einen Lebensabend in Würde bescheren, was er so nicht formulieren würde. Denn krank sind diese Menschen nach seiner Überzeugung nicht. Vielmehr hätten sie bisweilen biografische Gründe, vergessen zu wollen. "Früher sprach man noch vom zerstreuten Professor, heute von Krankheit." Jedenfalls ändert Kuhraus Blick auf die Betroffenen insbesondere die erforderliche Art deren Unterbringung und Betreuung. Anstatt die Leute medikamentös in Heimen ruhig zu stellen, wäre es doch zielführender, ihnen in einem ehemaligen Herrenhaus mit weitläufigem Gelände einen erfüllten Lebensabend zu bescheren, so sein Ansatz.

Kuhrau selbst hat keine Angehörigen, die von Demenz betroffen sind. Er kennt allerdings Familien, die im Umgang damit zerbrochen sind. In der Regel, weil die Angehörigen meinten, es irgendwie schon selbst schaffen zu können. Und Kuhrau kennt Menschen, die mit der Unterbringung von Demenzkranken gigantische Gewinne machen. Der ehemalige Steuerberater und Wirtschaftsprüfer hat 30 Jahre lang Konzeptionen erstellt, unter anderem für Kliniken, Hotels, Flughäfen oder Altenpflegeheime. Zu letzteren sagt er: "Wenn man die Gewinne wieder investiert, dann ist viel möglich". Also hat er die Betreuungsgesellschaft "Demensch plus" gegründet, die die Betreuung und gegebenenfalls erforderliche Pflege Demenzkranker auf einzigartigem Niveau in einem Vier-Sterne-Hotel gewährleisten soll (demensch.jimdo.com). Inspiration für sein Konzept fand er bei der Schweizer Sonnweid AG, die sich vor mehr als 30 Jahren auf die Pflege und Betreuung Demenzkranker spezialisiert hat.

Der Kranke soll in den Demensch-Häusern mehr Gast als Patient sein, soll sich frei bewegen können, "an allen zugänglichen Stellen werden aufmerksam diverse Snacks, Obst, Gemüse und Leckereien, sowie Getränke dargeboten, die beim Lustwandeln jedem auffallen und zum essen und trinken animieren", so Kuhrau. Hinzu käme im Idealfall ein landwirtschaftlicher Betrieb zur Selbstversorgung, Tiere auf dem Hof, Ateliers und Werkstätten. 50 bis 60 Personen sollen hier dann wohnen. Wenn es nach Kuhrau geht, könnte langfristig in jedem Bundesland ein solches Heim-Hotel entstehen. Zwar gibt es solche Immobilien, doch bislang hat Kuhrau nie den Zuschlag bekommen: "Wellness- und Kurpaläste sind in vielen Kommunen einfach gefragter", sagt er. Doch er bleibt dran, aktuell hat er drei mögliche Objekte im Blick.

Einen Architekten jedenfalls hat er schon bei der Hand, Anselm Kanno aus Rosenheim. Was ihm noch fehlt ist eine Pflegeleitung, die bereit ist, sein Konzept verantwortungsvoll umzusetzen. "Das ist das größte Problem", gesteht er. An liquiden Gästen für sein privates Pflegeheim wird es wohl auch nicht fehlen. Und falls dem ein oder anderen das Geld ausgehen sollte, soll eine Stiftung einspringen, die noch zu gründen wäre. Kuhrau hat alles x-mal durchgerechnet und durchgeplant und ist überzeugt, dass es funktionieren würde. Jetzt muss es nur noch losgehen.

© SZ vom 14.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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