B2-Tunnel:Stadtrat lehnt Bürgerbegehren ab

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Nach ausgiebiger Debatte erachtet eine Zwei-Drittel-Mehrheit eine Abstimmung über das Straßenprojekt als unzulässig. Die Initiatoren kündigen eine Klage an

Der Starnberger Stadtrat hat in namentlicher Abstimmung das für den 24. September angestrebte Bürgerbegehren zur Verhinderung des B 2-Tunnels am Montagabend abgelehnt. Eine Zwei-Drittel-Mehrheit aus CSU, UWG, SPD, Grünen, Parteifreien und drei Stadträten der Bürgerliste (BLS) folgte mit 19:11 Stimmen nach gut dreieinhalbstündiger Debatte der Argumentation der Kommunalen Rechtsaufsicht am Landratsamt, die das Begehren in einer ausführlichen Stellungnahme aus verschiedenen Gründen bereits in der Vorwoche als unzulässig erachtet hatte. Für das Begehren stimmte die zahlenmäßig unterlegene Allianz aus WPS, BMS, FDP und zwei BLS-Stadträten. Die Initiatoren des Begehrens - die Bürgerinitiativen "Starnberg bleibt oben" sowie "Pro Umfahrung, contra Amtstunnel" - haben gegen die Entscheidung eine Klage angekündigt, die auch die WPS unterstützen will.

Der Stadtrat hatte am 20. Februar mehrheitlich die Entscheidung "Tunnel bauen, Umfahrung planen" getroffen. Einen Monat später erfolgte die Baufreigabe durch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt. Kurz darauf gründete sich der Verein "Starnberg bleibt oben", der in der Folge für das Bürgerbegehren "Kein Tunnel in Starnberg" nach eigenen Angaben 2200 Unterschriften sammelte und Anfang Juni im Rathaus übergab. Das Gremium hatte am Montag darüber zu befinden, ob das Bürgerbegehren unter der Fragestellung "Sind Sie dafür, dass die Stadt Starnberg alles unternimmt, damit der planfestgestellte B2-Tunnel in unserer Stadt nicht gebaut wird?" zulässig ist. In der Begründung stützen sich die Initiatoren im Wesentlichen auf die gleichen Argumente gegen den Tunnel, wie sie schon die BI "Pro Umfahrung" und die WPS in den Kommunalwahlkämpfen 2014 und 2015 verwendet hatten.

Vor gut 100 Zuhörern ergab sich in der Schlossberghalle eine weitere hitzige Debatte, die zunächst den Anschein eines juristischen Oberseminars oder einer Gerichtsverhandlung ohne Richter hatte. Bürgermeisterin Eva John hatte zur Bewertung der Zulässigkeit des Begehrens eine Augsburger Kanzlei beauftragt. Anwalt Simon Bulla konstatierte in seinem Vortrag zwar "gewisse Defizite" zur Begründung des Begehrens, das "rein negativ" nur auf die Verhinderung des Tunnels abzielt, ohne eine positive Lösung des Verkehrsproblems zur Abstimmung zu stellen. "Die Beschränkung mag nicht sinnvoll und die Begründung nicht perfekt sein", befand Bulla, "das Begehren ist jedoch zulässig."

Die Gegenrede hielt CSU-Stadtrat Stefan Frey: Er stützte sich auf die Argumentation der Kommunalen Rechtsaufsicht (SZ berichtete) und ergänzte die Ausführungen unter anderem mit einem Hinweis auf den rechtlich verbindlichen Luftreinhalteplan der Stadt München, der Bulla aufgrund fehlender Informationen von der Stadtverwaltung offenkundig jedoch völlig unbekannt war. Frey präsentierte einen sieben Punkte umfassenden Beschluss (siehe Kasten) zur Ablehnung des Begehrens.

In der nachfolgenden Debatte glänzte insbesondere die WPS mit Vorwürfen gegenüber der CSU: Zunächst versuchte Markus Mooser, die Mitglieder des Vereins "Umweltbewusste Verkehrsentlastung" sowie Grundstücksbesitzer, die vom Tunnelbau betroffen sind, von der Diskussion auszuschließen, zog seinen Antrag aber wieder zurück. Später warf er Frey vor, er habe einen "Werbeblock für den B2-Tunnel" geschaltet und jene fünf Stadträte der einstigen Allianz, die im Februar für den Tunnel- und Umfahrungs-Kompromiss gestimmt hatten, "umgedreht". Dagegen verwahrte sich etwa Angelika Wahmke (BLS). Josef Pfister (BMS) kritisierte "juristische Spitzfindigkeiten", das Bürgerbegehren sei "Basisdemokratie". Otto Gaßner (UWG) dagegen monierte die ungenannten Folgen des Begehrens und unterstrich die Verbindlichkeit des Luftreinhalteplans. Martina Neubauer (Grüne) betonte, die Regierung von Oberbayern teile die ablehnende Haltung der Kommunalen Rechtsaufsicht.

Verwunderung über das Vorgehen von Bürgermeisterin John im Hinblick auf die Bewertung des Bürgerbegehrens äußerte Stefan Diebl, Pressesprecher des Landratsamtes: "98 Prozent der von einem Bürgerbegehren betroffenen Gemeinden fragen bei der Rechtsaufsicht an", sagte er. Starnberg nicht. Gleichwohl hatte die Behörde die juristischen Aspekte des Begehrens davon unabhängig schon vorab geprüft.

Die Initiatoren des Bürgerbeehrens gegen den Tunnel haben eine Klage gegen den Stadtratsbeschluss angekündigt; der Ausgang des Verfahrens gilt als offen. WPS-Stadtrat und "Pro Umfahrung"-Vorsitzender Klaus Huber, der als Antragsteller von Debatte und Abstimmung ausgeschlossen war, hatte auf der Homepage der BI einen Infoabend für Freitag, 7. Juli, angekündigt.

© SZ vom 05.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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