Starnberg:Zwei Haudegen auf Tour

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Hanns Christian Müller und Ron Evans kreuzen mit dem Lesespektakel "Sonne für alle" in Starnberg, Dießen und Seefeld auf

Von Gerhard Summer, Starnberg

Ein Pharaonen-Forscher kehrt zurück, oder doch fast. Das Ganze spielt Anfang der Achtzigerjahre in Starnberg. Hanns Christian Müller und Gerhard Polt warten auf Friedl Brehm, einen der eigensinnigsten Verleger weit und breit. Die Zwei haben es sich in einem Wirtshaus gemütlich gemacht, am Nebentisch sitzt ein einsamer Trinker. Mit einem Mal hat der Mann so etwas wie eine Eingebung: "Die Pharaonen haben auch schon Kriege geführt, das weiß man heute", fährt es aus ihm heraus. Er wiederholt den Satz noch zweimal, dann folgt eine Tirade darüber, was passiert, wenn einer nicht pariert ("Hackn neischlagn, a gscheider Fuaßtritt und ab in Stoabruch"). Müller hat die Geschichte aufgeschrieben, sie kam in "Kehraus" vor, nächste Woche liest er sie am Ort des Geschehens, in dem Haus, das damals noch Gaststätte war und heute längst Hotel ist, im Bayerischen Hof.

"Sonne für alle" heißt das Lesespektakel mit Rocksongs, das Müller und sein Freund Ron Evans bestreiten; genauso wie das Buch des Regisseurs, Drehbuchautors, Komponisten und Musikers aus Breitbrunn. Im September soll Müllers Opus magnum auf den Markt kommen. Er hat die 38 Geschichten schon geschrieben, die letzten drei muss er nur noch abtippen. Kostproben daraus waren zuletzt in Schloss Kempfenhausen zu hören: die Story von dem Geschäftsmann Leimgruber zum Beispiel, der in seinen letzten fünf Minuten alles aufzählt, was ihm gehört auf Erden, und dem Priester, der ihm die letzte Ölung geben soll, ein beherztes "Um Gottes Willen, nix Fettes" entgegenruft. Von dem Anhalter, der glaubt, dass er Jesus ist. Vom Bemmerl mit den Säbelbeinen, das früher eine Fuchzgerl-Schnalle war und es später auch umsonst machte, "aber da wollte keiner mehr". Und eben auch von der Allgäuer Kommune, in der Müller mal war. Er hatte damals viel Theatermusik gemacht, doch die Band, die eine Aufführung von Aristophanes' "Lysistrata" im Landestheater Schwaben begleiten sollte, war eher flau. Genau genommen konnte keiner sein Instrument spielen. Also schrieb Müller alles um, der Bassist durfte an die Blockflöte, der Saxophonist an die Gitarre. Und der Drummer mit dem Namen Dago, der heute ein gefragter Filmausstatter ist, musste sich mit Percussion begnügen. Müller übernachtete einmal in Dagos Kommune, am nächsten Morgen entdeckte er ein großes Transparent über der Tür des Vierkanthofs: "Sonne für alle".

Müller wird bei dem Heimspiel in Starnberg und bei weiteren Auftritten in Dießen und Schloss Seefeld andere Geschichten vortragen als an dem Abend in Kempfenhausen. Auswahl genug hat er ja. Nur am "Bemmerl" hält er gern fest, und natürlich wird in Starnberg von dem Pharaonen-Spezi die Rede sein. Dazu spielen er und sein Kompagnon eingängige Ron-Evans-Songs vorwiegend auf Akustikgitarren und dazu ein, zwei Coverversionen von Steppenwolf und Bobby Troup.

Die beiden sind so etwas wie ein Dreamteam: zwei Haudegen, die es noch mal klirren lassen wollen. Sie kennen sich seit fast 50 Jahren. Der heute in Percha bei Starnberg lebende Brite Evans hatte einst genauso wie Müllers Keyboarder und späterer Kameramann James Jacobs ein Praktikum bei der Münchner Bavaria gemacht. Jacobs hörte Evans einmal bei einem Konzert, und als der Gitarrist der Müller'schen Gruppe Funny Figures, der heutige Kunsthändler Reiner Borchert, zum Bund musste und ausfiel, war klar, wer sein Nachfolger werden würde: Ron Evans. Zwei Jahre lang spielte die Band in der Besetzung, sie war auch dabei, als Maximilian Schell im Deutschen Theater den "Hamlet" mit Rockmusik machte, gleich auch den Text übersetzte und einen Laufsteg bis in die zwölfte Reihe bauen ließ, den nur er für seinen großen Monolog beschreiten durfte: "Zu leben oder nicht zu leben, das ist hier die Frage", zitiert Müller Schell und sagt: "Da ist Schlegel/Tieck leider besser."

Ron Evans erlebt im Moment so etwas wie einen Karriereschub. 2015 war er für den "Big Blues Award" in der Kategorie "Contemporary" nominiert. Heuer will er ein paar seiner Songs von dem Produzenten Stuart Epps mischen lassen, der schon für Elton John, Led Zeppelin, George Harrison, Robbie Williams und Oasis gearbeitet hat, und mit seiner Band auf Tour durch Norddeutschland gehen. Inzwischen spielen mehr als 40, oft auf Bluesrock spezialisierte Radiosender ob in Australien, Kanada oder England seine Musik. In den Streaming-Charts von iTunes ist Evans mit Nummern wie "Can't stop now" vertreten, sogar in Kasachstan landete er auf Platz 142.

"Sonne für alle gibt es am Donnerstag, 9. März, 20 Uhr, im Bayerischen Hof in Starnberg (Karten: 08151/2750), am 6. April im Dießener Maurerhansl und im September in Schloss Seefeld und im Fraunhofer München. Die Ron Evans Band ist am Freitag, 17. März, 21 Uhr, im Habacher Village zu erleben.

© SZ vom 04.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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