Starnberg:Zuviel des Guten

Lesezeit: 2 min

Genau vor einem Jahr wurde die Milchquote gestrichen. Seitdem sind die Preise im freien Fall. Der Starnberger Kreisbauernobmann weiß von Landwirten, die nun ihre Betriebe schließen wollen

Von Astrid Becker, Starnberg

Seit genau einem Jahr gibt es sie nicht mehr, die Milchquote - ein Grund zur Freude ist dies für die Bauern im Kreis aber nicht. Wegen des anhaltenden Verfalls des Milchpreises sehen sich viele nach wie vor in ihrer Existenz bedroht. Auch für den Kreisobmann Georg Zankl steht fest: Die Zahl der Betriebe, die heute noch auf konventionelle Milchwirtschaft auf Starnberger Flur setzen, wird in absehbarer Zeit weiter sinken - weil sich diese Art der Landwirtschaft nicht mehr rechnet.

Tatsächlich sprechen die Zahlen für sich. Im Landkreis Starnberg gibt es derzeit 210 Betriebe, die sich auf die Haltung von Rindern spezialisiert haben, 110 von ihnen gelten nach Angaben des Veterinäramts als reine Milchviehhalter. Bis zum Ende diesen Jahres, so schätzt Kreisobmann Georg Zankl, werden es höchstens noch 100 sein. Schon jetzt wisse er von vier Milch-Betrieben, die wohl aufhören werden. Die Gründe sind dabei immer dieselben: Der niedrige Preis, den die Bauern für den Liter konventionell erzeugter Milch bekommen bei gleichzeitig fehlenden Nachfolgern, die bereit sind, die Betriebe irgendwann zu übernehmen. Investitionen, wie zum Beispiel in größere und modernere Ställe, die die schwere körperliche Arbeit gerade auch für die älter werdenden Bauern erleichtern könnten, rentierten sich angesichts der fehlenden Nachfolger nicht mehr: "Da überlegt man es sich schon dreimal, ob man es seinen Kindern zumutet, ihnen nur ein Berg Schulden zu hinterlassen", so formuliert es auch die Kreisbäuerin Anita Painhofer. Hinzu komme aber auch noch die gesamte Marktsituation im Segment Milch. "Wir haben ein Überangebot an Milch, hier muss eine Marktbereinigung und Reglementierung her", fordert sie - zumal sich die Lage durch das Russland-Embargo und die nicht erfüllten Hoffnungen auf den großen Milchabnehmer China noch verschlechtert habe: "Das alles steigert den Preisdruck, den die großen Handelskonzerne ausüben können." Tatsächlich ist die Spanne zwischen dem Geld, das der Bauer für seine Milch bekommt und dem, was der Verbraucher im Supermarkt dafür hinlegen muss, groß. Während der konventionelle Landwirt derzeit 27 Cent pro Liter kassiert, zahlt der Konsument im Supermarkt ein Vielfaches davon. Bei Rewe oder auch Tengelmann in Starnberg beispielsweise bewegen sich die Preise für frische Vollmilch zwischen 59 und 1,19 Cent.

Sorgt sich um die Milchbauern: Der Starnberger Kreisobmann Georg Zankl, der mit weiteren Betriebsaufgaben rechnet. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Im Biobereich sieht es etwas besser aus. Derzeit bekommen Ökobauern zwischen 45 und 48 Cent pro Liter, die Andechser Bio-Molkerei Scheitz zahlt nach eigenen Angaben sogar knapp 50 Cent: "Weil wir seit etwa zwei Jahren zusätzlich eine Weideprämie bezahlen - als Qualitätszuschlag ", sagt Molkereichefin Barbara Scheitz. Allerdings sei der Aufwand, den Biobauern betreiben müssten, weitaus höher: "Denken Sie allein an den Flächenbedarf, der viel größer ist." Im Wegfall der Milchquote sieht sie aber durchaus auch Vorteile. Die Bauern müssten nun keine Superabgabe mehr zahlen, die vor allem im Abrechnungsjahr 2014/2015 viele hart getroffen habe. Dahinter verbirgt sich eine Art Strafzoll, der fällig wurde, wenn die Landwirte mehr Menge als vorgeschrieben abgegeben haben. Die Rede ist hier von 22 Cent pro Liter zu viel gelieferter Milch. Dennoch bewege sich der konventionelle Milchpreis auf einem "katastrophalen historischen Tief": "Das ist sehr schwierig", sagt sie. Einen positiven Effekt habe das Ganze aber auch: "Es stellen seit vier, fünf Monaten so viele Bauern auf Bio um wie schon lange nicht mehr."

© SZ vom 02.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: