Starnberg:Zuflucht im Container

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Neben dem Wertstoffhof soll eine Flüchtlingsunterkunft errichtet werden. Die SPD kritisiert den Standort. (Foto: Fuchs)

200 Asylbewerber und Obdachlose sollen neben dem Wertstoffhof eine Unterkunft finden. Erster Schritt dazu ist ein geänderter Bebauungsplan

Von Peter Haacke, Starnberg

Die Kommunen stehen angesichts einer immer größer werdenden Anzahl von Flüchtlingen und Asylsuchenden vor großen Herausforderungen. Insbesondere die angemessene Unterbringung bereitet Städten und Gemeinden Probleme. Die Stadt Starnberg hat innerhalb des Landkreises eine gewisse Vorreiterrolle eingenommen. Etwa 200 Menschen konnten bislang dezentral in Privathäusern untergebracht werden. Doch das wird nicht reichen. Schon länger ist daher beabsichtigt, ein Container-Dorf im Gewerbegebiet der Kreisstadt zu errichten: Der Bauausschuss hat am Donnerstag mit einer Änderung des dort gültigen Bebauungsplan die Voraussetzungen für den Neubau einer Unterkunft für Asylbegehrende und Obdachlose an der Petersbrunner Straße geschaffen. Unterkünfte mit insgesamt 161 Betten für Flüchtlinge sind unmittelbar neben dem Wertstoffhof geplant. Hinzu kommt ein dreigeschossiges Gebäude mit 14 Appartements mit Größen zwischen 15 und 45 Quadratmeter Wohnfläche, das wohnungslosen Personen und Familien vorbehalten sein soll.

Schon vor geraumer Zeit hatte sich Landrat Karl Roth mit der Bitte an die Stadt gewandt, geeignete Gebäude und Grundstücke für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen. Aus Sicht der Stadtverwaltung eignet sich dafür das etwa 1700 Quadratmeter große Grundstück an der Petersbrunner Straße. Der Bau einer Unterkunft widerspricht aber den Vorgaben des aktuellen Bebauungsplans. Der Bauausschuss der Stadt hat daher auf Antrag des Landratsamtes am Donnerstag eine Änderung beschlossen. Das Grundstück ist von der Stadt bis Mai 2024 gepachtet; danach besteht die Möglichkeit der Verlängerung um jeweils ein Jahr.

Nach den Vorgaben im aktuellen Bebauungsplan, der bislang "Anlagen für soziale Zwecke" im Gewerbegebiet ausschließt, wäre eine Ausnahmeregelung für Flüchtlingsunterkünfte bislang nicht möglich; die Unterbringung von Obdachlosen ist ebenfalls nicht vorgesehen. Zudem wird die Stadt vom Gebot einer Bepflanzung abrücken, damit im Notfall die Feuerwehr auf das Gelände kann; sinnvoll wäre hier eine Kinderspielfläche. Auch Baugrenzen und Abstandsflächen können nicht eingehalten werden: Die bislang maximal zulässige Geschossflächenzahl von 0,8 wird um den Faktor 0,32 überschritten.

Die Debatte im Bauausschuss machte einmal mehr deutlich, dass die Stadt Starnberg mit dem weiteren Kontingent an Plätzen für Flüchtlinge ihr Soll übererfüllt und damit das Fehlen geeigneter Unterkünfte in anderen Kommunen des Landkreises kompensiert. Zwar zeigte sich Christiane Falk (SPD) schockiert darüber, dass Asylsuchende und Obdachlose künftig ausgerechnet neben dem Wertstoffhof eine neue Heimat finden sollen. Doch Bürgermeisterin Eva John verteidigte die Entscheidung angesichts fehlenden Wohnraums: "Wir kommen einfach nicht drum herum".

© SZ vom 20.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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