Starnberg:Zu wenig Platz auf dem Gehsteig

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Im Café sitzt man gemütlich am Tisch, die Fußgänger müssen sich auf einem schmalen Streifen an der illegal errichteten Überdachung vorbeiquetschen. (Foto: Georgine Treybal)

Mit dem Streit um eine große Pergola gegenüber vom Bahnhof am See befasst sich nun das Verwaltungsgericht. Ein Kompromissvorschlag sieht vor, dass das Bauwerk in kleinerer Ausführung nachträglich beantragt wird

Von Peter Haacke, Starnberg

Gastronomie unter freiem Himmel hat ein belebendes Element für das Lebensgefühl in Bayern: Wenn die Sonne scheint, birgt der im Freien genossene Kaffee oder das Bier sogar in Starnberg ein Stückchen italienisches Flair. Dieser Meinung war auch Andreas Neumaier, Pächter der Gaststätte "Vis-a-Vis" gegenüber dem historischen Bahnhof am See. Im Sommer 2012 errichtete er eine gut 40 Quadratmeter Fläche überspannende Pergola. Das Bauwerk hat jedoch Schönheitsfehler: Zum einen beschränkt es den Gehweg auf eine Restbreite von nur 91 Zentimetern, zum anderen war es ohne Genehmigung errichtet worden - ein Schwarzbau also. Das Bauwerk führte zu anhaltendem Streit zwischen dem Wirt auf der einen sowie Stadt und Landratsamt auf der anderen Seite. Zuletzt verfügte das Landratsamt den Abriss, gegen den Neumaier klagte; am Donnerstag inspizierte das Verwaltungsgericht den Tatort.

Mehr als eineinhalb Stunden und damit ungewöhnlich lange befassten sich der Vorsitzende Richter Johann Oswald und seine Gerichts-Crew, Vertreter des Landratsamtes und der Stadt sowie Ulrich Schröfl, Anwalt des ebenfalls anwesenden Wirtes, mit der Materie: Ausgiebig wurde die Pergola begutachtet, der Gehweg vermessen und auch der übrige Seearkaden-Komplex in Augenschein genommen. Unstrittig war der Umstand, dass der verbleibende Gehweg zwischen Lokal und Parkplätzen nur 91 Zentimeter breit ist- und damit eindeutig zu schmal für Fußgänger im Begegnungsverkehr, Kinderwagen oder Rollstuhlfahrer.

Mehrfach schon war das strittige Thema in den Starnberger Gremien auf der Tagesordnung, die Stadträte beharrten überwiegend auf einen zwei Meter breiten Durchgang. Doch es passierte nichts. Zuletzt verfügte das Landratsamt den Abriss, zumal die etwa zehn mal vier Meter große Pergola mit fest installierten Stützen ohne Baugenehmigung entstanden war. Martin Nell, Baujurist am Landratsamt, sprach Klartext: "Das Ding, wie es da steht, muss sowieso weg." Starnbergs Stadtbaumeister Stefan Weinl haderte mit dem Umstand, dass die geschlossene Pergola mit ihren rund 40 Sitzplätzen als bauliche Erweiterung des Gebäudes zu beurteilen sei und daher - anders als Freischankflächen, die bis zu 40 Quadratmeter Fläche genehmigungsfrei sind - eine Zustimmung der Stadt erfordert. Ein Aspekt übrigens, den in Folge des Gerichtstermins auch das Feinkostgeschäft "Schindler" noch beschäftigen dürfte.

Neumaier argumentierte, dass sein Lokal dringend auf Einnahmen angewiesen sei: Ohne die Pergola mit Schutz vor Wind und Wetter, die ihn rund 28 000 Euro gekostet habe, sei das "Vis-a-Vis" nicht rentabel zu betreiben. Ohnehin habe sein Vorgänger eine ähnliche Überdachung installiert, die aber noch breiter gewesen sei. "Ich weiß nicht, warum ihr mir das jetzt kaputt machen wollt", brauste Neumaier zwischenzeitlich auf. "Ich find' das sehr schade", sagte er zu Stadtbaumeister Weinl.

Das Gericht tat sich nicht leicht mit einer Entscheidung. Nach halbstündiger Beratung stellte Richter Oswald fest: "Die Sachlage hier ist nicht so ganz einfach", sagte er und hinterfragte Möglichkeiten einer gütlichen Einigung. Am Ende der Verhandlung zeichnete sich ein möglicher Kompromiss ab: Zieht Neumaier seine Klage gegen die Abrissverfügung binnen 14 Tagen zurück, verzichtet das Landratsamt bis Ende 2016 auf den Vollzug des Rückbaus. In der Zwischenzeit müsste der "Vis-a-Vis"-Wirt bei der Stadt Starnberg eine Baugenehmigung für seine Pergola beantragen, die den Festsetzungen des - möglicherweise auch noch zu ändernden - Bebauungsplans entspricht und auf dem Gehweg eine Mindestbreite von zwei Metern belässt.

© SZ vom 12.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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