Starnberg:Wo Kaffee und Honig fließen

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Als leitender Trainer im Führungsteam der Andreas-Hermes-Akademie (AHA) des Bildungswerks der Deutschen Landwirtschaft reist Uli Ernst seit fünf Jahren etwa dreimal jährlich nach Ostafrika. In Äthiopien und Uganda coacht er mit der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit einheimische Trainerteams: Ziel ist es, Netzwerke zum Erfahrungsaustausch der Bauern aufzubauen, wie etwa eine ugandische Landjugend.

"Ich kann da im Gegensatz zu den Praktikern nicht viel falsch machen", sagt Ernst, "ich vermittle ja bloß Wissen". Aber von keinem Job komme er so erschöpft zurück wie von den zweiwöchigen Überseeeinsätzen. Besonders, wenn er alle zwei Jahre eine entwicklungspolitische Studienreise mit 18 jungen Deutschen aus Hochschulen und Akademie unternimmt und dabei für sie die Verantwortung trägt.

In Äthiopien hat Ernst 70 Millionen Kollegen, 250-mal so viele wie in Deutschland - und die Zahl geht nicht zurück, sondern wächst rapide weiter. "Im Mittel blieben dort bei jeder Hofübergabe drei Kinder übrig, die dann land- und arbeitslos sind", erzählt Ernst. Besonders schlecht stünden die Chancen junger Frauen. Für sie engagiert er sich obendrein ehrenamtlich: Er unterstützt äthiopische Agrarstudentinnen dabei, Imkerinnen zu werden. In einem Projekt der AHA mit dem deutschen Imker-für-Imker-Verein belegen sie dreimonatige Kurse. Die Frauen lernen, wie man Honig erntet, ohne dabei das Bienenvolk zu verjagen. Mit schonenden Erntemethoden können die Imkerinnen statt einem Pfund bis zu 20 Kilo Honig ernten und die Völker bei Bedarf vermehren. Honig hat in Äthiopien enorme Bedeutung, das Land zählt zu den zehn weltweit größten Produzenten. Jährlich werden dort 55 000 Tonnen Honig erzeugt, aber das Potenzial wird auf die zehnfache Menge geschätzt: Etwa 30 Millionen Landwirte betreiben kleine Imkereien mit bis zu drei Bienenstöcken. Und auch der Markt im eigenen Land ist beträchtlich - schon weil drei Viertel der Produktion zum beliebten Honigwein "Tej" veredelt wird.

Das zweite Nationalgetränk importiert Ernst aus der einzigen äthiopischen Rösterei, die europäischen Geschmacksansprüchen entspricht. Beim Kaffeeausschank am Labyrinth fließen 50 Cent pro Tasse in das Imkereiprojekt. Obwohl die Kaffar-Region im Südwesten Äthiopiens der Ursprung von Coffea arabica ist und der Strauch dort noch heute wild wächst, bleibt nur ein winziger Teil der Wertschöpfung im Lande: 30 Cent für ein Kilo erhalte dort ein Bauer. Hierzulande ließe sich damit bis zu 200 Euro in der Gastronomie verdienen.

© SZ vom 31.03.2018 / arm - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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