Starnberg:Wirbel um Waldweg

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Aus dem einstigen Trampelpfad hinter der Wohnbebauung "Am Hochwald" soll jetzt ein Fußweg werden. (Foto: Georgine Treybal)

Arbeiter schlagen eine gut 380 Meter lange Schneise in ein Gehölz am Hochwald. Die Aktion im Auftrag der Starnberger Stadtverwaltung schreckt die Anlieger

Von Peter Haacke, Starnberg

Groß war die Aufregung am Mittwoch, als auf einmal schweres Gerät auffuhr und eine bis zu vier Meter breite Schneise in den Wald trieb: Anwohner der Straße "Am Hochwald" nahmen mit Erstaunen zur Kenntnis, dass eine Arbeitskolonne im Auftrag der Stadtverwaltung eine gut 380 Meter lange Schneise von der Ecke Am Hochwald/Hofbuchetstraße bis hin zur Hanfelder Straße in den Forst getrieben hat. Die Arbeiten wurden durch den Schneefall am Donnerstag zwar vorerst gestoppt. Doch die Begeisterung der Anlieger über die Aktion hält sich in Grenzen.

Schmucke Häuser stehen am Hochwald, viele davon mit Flachdach, wie es dem Zeitgeist der 70er und 80er Jahre entspricht. Westlich der Straße befindet sich ein Waldstück in städtischem Besitz mit altem Buchenbestand als trennendes Grün zur Egerer Straße. Sogar Rehe kommen zuweilen vorbei, berichtete ein Anwohner, und laben sich an einer Futterstation. In diese naturbelassene Idylle haben nun Arbeiter eine Trasse entlang eines bislang kaum genutzten Trampelpfades ausgesteckt und auf drei Meter Breite "kleinere Bäume und Unterwuchs" freigeschnitten, teilte Lena Choi, Pressesprecherin der Stadtverwaltung, auf Anfrage mit. Demnach dient die Abholzaktion "der Vorbereitung der Anlage eines schmalen Gehweges im hangunteren Bereich unter maximaler Ausnutzung der ohnehin schon vorhandenen Rückegasse". Das Herrichten des Weges diene zudem der Beseitigung von Schäden "durch die seit längerem in diesem Gebiet vorgenommenen Waldbewirtschaftungsmaßnahmen". Der geplante Fußweg orientiere sich "in Breite und Materialität an den östlichen angrenzenden Waldwegen" und stelle eine Erweiterung des Naherholungs-Wegenetzes nach Südwesten bis zur Hanfelder Straße dar, schreibt Choi, und könne dann "von jedermann genutzt werden".

Bei den Anwohnern indes stößt die Aktion im städtischen Wald auf völliges Unverständnis: Von Naturzerstörung im Landschaftsschutzgebiet ist die Rede, zumal ein befestigter Weg mit Unterbau und entsprechender Auskofferung Schäden am Wurzelwerk der alten, aber bislang gesunden Buchen nach sich ziehen werde. Die Bäume sind auch Hangbefestigung, unabsehbar könnten die Folgen bei intensiven Niederschlägen sein: Die Anwohner fürchten Murenabgänge, die ihre Häuser beschädigen.

Die Stadtverwaltung ist bemüht, die Befürchtungen zu zerstreuen. Der Weg soll derart aufs bestehende Gelände "aufgelegt" werden, dass Wurzelbereiche von Bestandsbäumen nicht berührt würden. Die 380 Meter lange Schneise soll letztlich eine Breite von 1,5 bis zwei Meter haben, auf gesamter Länge "mit reinem Kiesmaterial aufgeschüttet" und die Wegränder "mit vorhandenem Waldbodenmaterial sorgfältig angedeckt" werden. Die Arbeiten würden derzeit von Landschaftsarchitekten des Stadtbauamtes in fachlicher Abstimmung mit dem Landratsamt sowie dem Amt für ländliche Entwicklung geplant. Erst nach Festlegung genauer Ausführungsdetails in dieser Woche können die Arbeiten von der mit Landschaftsbauarbeiten beauftragten Rahmenvertragsfirma der Stadt Starnberg ausgeführt werden. In den letzten zehn Jahren seien einzelne Buchen "aufgrund nachlassender Vitalität und Standsicherheit mit Rücksicht auf die nahe Wohnbebauung und Nutzung als Spazierwegen" gefällt worden. Bei einer Waldsicherheitsbegehung seien zudem Fichten mit Borkenkäferbefall identifiziert und aus Sicherheitsgründen gefällt worden.

Dass die Anwohner nicht informiert worden seien, dementiert Pressesprecherin Choi: Baumfällarbeiten und -pflegemaßnahmen im gesamten Stadtgebiet seien der Öffentlichkeit bereits per Presseinfo vom 13. Oktober 2015 bekanntgegeben worden. Weitere Ankündigungen erfolgen demnach nur, "wenn Fäll- und Rodungsarbeiten mit Verkehrseinschränkungen verbunden sind, was nicht der Fall ist". Unbeantwortet blieb die Frage, wie hoch die Kosten für das Projekt sind, ob es eine fachliche Beratung dazu gegeben hat und wer den Weg künftig überhaupt nutzen soll.

© SZ vom 01.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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