Vogelbeobachtung:Wenn der Kiebitz nicht mehr pfeift

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Knapp 200 Vogelarten verzeichnen die Ornithologen im Landkreis. Dennoch nehmen die Bestände der Wiesenbrüter ab

Von Wolfgang Prochaska, Starnberg

Der Landkreis Starnberg ist für seltene Vogelarten eigentlich ein gutes Revier. Die Vogelbeobachter des Landesbunds für Vogelschutz (LBV) verzeichneten im vergangenen Jahr 200 Arten, was auch damit zusammenhängt, dass die Seen für viele Arten - bis zu 20 000 Exemplare - zum Überwintern genutzt werden. Dies geht aus dem ornithologischen Jahresbericht hervor, den die Arbeitsgemeinschaft Starnberger Ornithologen (ASO) erstellt hat. Die ASO ist eine lockere Vereinigung aus Fachleuten und Vogelfreunden und gehört dem LBV an. Allerdings mussten die Ornithologen bei ihren Beobachtungen auch feststellen, dass die Bestände gerade seltener Arten teilweise rückläufig sind.

Ein besonders signifikanter Fall ist das Leutstettener Moos. Das Moorgebiet, das unter Naturschutz steht und daher Lebensraum für viele seltene Populationen sein müsste, hat an Arten verloren. Die Forscher stellten fest, dass sich die Bestände dort nicht verbessert hätten, sondern sogar in den vergangenen Jahren geringer wurden. "Einige typische Brutvogelarten fehlen ganz." So trifft man im Moos weder die Bekassine noch den Kiebitz oder das Blaukehlchen mehr an. Selbst Arten, die früher regelmäßig in dem stillen Gebiet brüteten, sind mittlerweile verschwunden, schreiben die Ornithologen in ihrer Bestandsaufnahme. Dazu zählen der Wiesenpieper, die Wasserralle und der Rohrschwirl. Als Grund geben sie den "suboptimalen" Zustand des Naturschutzgebiets an. Wie LBV-Kreisvorsitzender Horst Guckelsberger auf Anfrage erläuterte, gebe es im nördlichen Teil des Mooses zu viel Wald und zu viel Gebüsch. "Wiesenbrüter brauchen aber weite, baumlose Flächen", so Guckelsberger.

Immerhin gab es auch überraschende Entdeckungen: So könnte eine Rohrweihe im Moos ihr Nest haben. Von "Brutverdacht" ist in diesem Fall die Rede. Gesichtet wurden auch die europaweit geschützten Greifvogelarten wie Kornweihe, Rotmilan, Schwarzmilan und Wespenbussard, sowie die erstmalige Sichtung des vom Aussterben bedrohten Wachtelkönigs. Insgesamt gab es im vergangenen Jahr 18 000 Beobachtungen, und mehr als 125 Vogelfreunde beteiligten sich rund um den Starnberger See daran und sammelten Daten. Der Landkreis Starnberg ist auch eine Region, in der exotische oder äußerst seltene Vögel gesichtet werden, etwa Flamingos oder den Fischadler. Auch Kraniche, die das Fünfseenland überflogen, entging den Ornithologen mit ihren starken Ferngläsern nicht.

Natürlich darf in dem 80-seitigen Bericht die Flussseeschwalbe nicht fehlen. Der LBV kümmert sich um diese seltene Vogelart besonders intensiv. Zwei Brutflöße betreuen die Vogelschützer am Südende des Starnberger Sees. 48 Schwalbenpaare brüteten im vergangenen Jahr. Obwohl 124 Brutvogelarten beobachtet und vorgefunden wurden, ist deren potenzieller Bestand gefährdet. Vor allem die Wiesenbrüter sind nur in sehr kleinen Stückzahlen anzutreffen.

© SZ vom 02.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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