Starnberg:Weniger Rehböcke, mehr Wildschweine

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Jagdvorstand Hartwig Goertler und sein Sohn Thilo begutachten auf Gut Rieden die Exponate der diesjährigen Hegeschau. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Kreisjägerschaft will die Abschüsse von Schwarzwild nun auswerten und mit dem Schaden auf Äckern und Wiesen abgleichen, um Problemzonen zu ermitteln

Von Christian Deussing, Starnberg

Mit genauem Blick haben Jäger und Revierpächter am Samstag 551 Trophäen von Rehböcken im vollen Festsaal auf Gut Rieden geprüft. Ein Jäger, der mit seinem Hund "Maxl" zur Pflichthegeschau für das Jagdjahr 2017/2018 gekommen ist, fotografierte den dicken Stirnzapfen eines Bockes, der laut Karteikarte vor zehn Monaten im Revier Hochstadt geschossen wurde. Insgesamt wurden im Landkreis Starnberg 1891 Rehe in der Jagdsaison zur Strecke gebracht, darunter aber 17 Prozent durch Unfälle. Geschossen wurde deutlich weniger Rehwild als in der vorherigen Jagdsaison, dagegen kann die Kreisjägerschaft mit 1028 erlegten Wildschweinen einen Rekordwert vorweisen. Denn in den Jahren zuvor waren es nur 480 beziehungsweise 729 Sauen gewesen.

Mit revierbezogenen Kennzahlen und Farben in rot, gelb und grün will der Kreisvorsitzende Hartwig Görtler aus den 95 Revieren Daten über den Abschuss von Wildschweinen im Verhältnis zum angerichteten Schaden auf Äckern und Wiesen erheben, um Problemzonen zu ermitteln. Dieses Bewertungssystem solle aber "niemanden bloßstellen" und sei auch keine endgültige Lösung. "Wir müssen aber analytisch anschauen, wo man angreifen kann", betonte Görtler in seinem Bericht vor etwa 170 Jägern, Landwirten, Waldbesitzern und Fachleuten.

In seiner Bilanz erwähnte der Jägerchef auch 549 Füchse, die erlegt wurden. 75 Füchse überlebten zudem Unfälle nicht. Geschossen wurden unter anderem auch 387 Krähen, 48 Kanadagänse und 108 Graugänse. Auf der Strecke blieben auch 47 Hasen, allerdings 30 davon durch Kollisionen auf der Straße. In einem Appell, der sich insbesondere an die Gemeinde Herrsching richtet, verwies Görtler darauf, dass die Enten und nicht Gänse das Wasser veruneinigen würden - und dass eine Bejagung ohne Absperrung ohnehin nicht erlaubt sei. Verärgert zeigte sich der Starnberger Kreisvorsitzende im Jagdverband auch darüber, dass einige Reviere entweder nur kurz vor dem Hegeschautermin ihre Abschusszahlen mitteilten oder an der Tafel keine Trophäen anbringen. Das müsse sich künftig ändern, so Görtler.

In seiner Ansprache verwies Vize-Landrat Georg Scheitz aus Andechs auf die Verantwortung der Jägerschaft gegenüber den Tieren und der Natur. Wichtig sei es, dass Landwirte, Jäger, Waldbesitzer und Behörden gemeinsam Lösungen erarbeiteten und "gescheit und strukturiert vorgehen". So müsse die "Bekämpfung des Schwarzwildes im gleichen Takt" erfolgen. Man sollte gewissermaßen "in ein Horn blasen", sagte Scheitz und bezog sich auch auf die Seuchengefahr durch die Afrikanische Schweinepest, die aus dem Nordosten Europas eingeschleppt werden könnte. Scheitz ist selbst Landwirt und hält Schweine. Er betonte zudem, dass in punkto der Wildschwein-Problematik alle an einem Strang ziehen sollten. Es helfe nicht, dass "der eine auf den anderen zeigt".

Mittlerweile gibt es im Landkreis eine "Arbeitsgruppe Schwarzwild" mit Vertretern aus der Jägerschaft, Landwirtschaft, Behörden und der Staatsforsten. Diese sollen eine Strategie entwickeln, um die Wildschwein-Population in der Region deutlich zu dezimieren, damit weniger Felder durchpflügt werden. Zu diesem Thema hätten zumindest zwei Besucher der Hegeschau gern mehr erfahren - vor allem, ob die Schweinepest "bedrohlich näher" gerückt sei.

© SZ vom 23.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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