Starnberg:Vorzeigeprojekt in Sachen Klimaschutz

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Thermografie verdeutlicht die Oberflächentemperatur von Objekten. Experten können anhand der Farben Wärmeverluste am Haus genau lokalisieren. (Foto: dpa)

Gartenstadt Söcking soll energetisch auf den neuesten Stand gebracht werden - und dann zur Nachahmung animieren

Von Peter Haacke, Starnberg

Anfang der 60er-Jahre herrschte große Aufbruchstimmung: Mit dem deutschen "Wirtschaftswunder" stiegen die Geburtenzahlen und damit auch der Bedarf an bezahlbaren Wohnungen. In Söcking - seinerzeit noch eigenständig - entstand die "Gartenstadt Söcking": Eine Reihenhaussiedlung um eine Grünfläche herum, die mit ihren Vier-Zimmer-Wohnungen genau den Geschmack des Zeitgeistes trafen. 80 Quadratmeter, Küche, Bad, WC, Keller, Heiz- und Hobbyraum - mehr brauchte es vor 50 Jahren nicht.

Die Häuser haben noch heute überwiegend gute Substanz, größere Bauschäden gibt es nicht. Der Energieverbrauch jedoch entspricht längst nicht mehr aktuellen Vorgaben. Auf Anregung des Stagenda-Arbeitskreises "Energie" beschloss der Stadtrat 2014 daher in Zusammenarbeit mit den Bewohnern ein Musterprojekt für eine beispielhafte "Quartierssanierung", um Möglichkeiten und Grenzen der Sanierungen auszuloten. Nachdem das Interesse im Starnberger Ortsteil Percha jedoch bestenfalls mäßig war, fiel die Wahl schließlich auf die "Gartenstadt Söcking".

Nach nunmehr einem Jahr mit insgesamt fünf Treffen, Fachvorträgen und Exkursionen präsentierten die Architekten Petra Slawisch, Annette von Czettritz, Carsten Münster sowie Umweltberater Thomas Bachmann am Dienstag in der Grundschule Söcking die Ergebnisse des Sanierungskonzepts.

Am Anfang stand ein Fragebogen: Die Besitzer der insgesamt 62 Häuser wurden angeschrieben, der Rücklauf war erfreulich hoch, berichtete Vize-Bürgermeister Klaus Rieskamp, der sich für die "aktive Teilnahme" bedankte. 30 Personen hatten geantwortet auf gebäudespezifische Fragen zu Energie- und Haustechnik, nach Strom-, Öl- und Gasverbrauch, dem allgemeinen Zustand der Immobilie oder bereits erfolgten Sanierungen. Nach ersten Info-Veranstaltungen und der Analyse des Quartiers mit Energieverbräuchen widmete sich das Architektenteam Einsparpotenzialen und -maßnahmen sowie Fördermöglichkeiten bei Sanierungen.

Im Zentrum energetischer Sanierungen stehen stets Wärmedämmung, Fenster und Heizungsanlagen, die nach rund 15 Jahren Betriebszeit als veraltet gelten, sowie Fotovoltaik und Nahwärmeversorgung. Annette von Czettritz präsentierte verschiedene Modellrechnungen, wann sich eine Sanierung amortisieren könnte - allerdings mit dem korrekten Hinweis darauf, dass sich die Summen unter Berücksichtigung schwankender Energiepreise erheblich ändern können.

Immerhin: Mit dem Energiebedarf eines unsanierten Hauses aus den 60er Jahren könnten zwölf moderne Passivhäuser beheizt werden, sagte Münster. Insgesamt könnten bis zu 66 Prozent des bisherigen Energiebedarfs in der Gartenstadt eingespart werden.

Das Starnberger Vorzeigeprojekt soll zur Nachahmung animieren - auch wenn sich Sanierungen nicht zwangsläufig in jedem Fall rechnen. Allerdings gibt es diverse Fördermöglichkeiten und -programme - KfW, BaFa, Regierung von Oberbayern und auf kommunaler Ebene -, die jedoch nicht immer kombinierbar sind. Wichtig sei stets eine Kostenschätzung und ein Auftragskonzept durch einen Energiefachberater. Die Stadtverwaltung wird in drei bis vier Wochen einen Ratgeber für Interessenten veröffentlichen, sagte Bachmann. Darüber, wie es mit der "Gartenstadt Söcking" weitergehen wird, entscheiden die Anwohner und der Stadtrat.

© SZ vom 28.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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