Starnberg:Von Helden und Hamstern

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Das zweite Starnberger Kinderfilmfest nimmt mit "Ritter Trenk" und "Rettet Raffi" seinen Anfang

Von Gerhard Summer, Starnberg

Das Schöne an Kinderfilmen ist ja, dass sich da meist eine fest gefügte Welt auftut, in die noch kein Zweifel eingebrochen ist. Die Guten sind ganz besonders gut, die Bösen ausgesprochen böse. Irrlichternde Charaktere? Helden mit dunklen Seiten? Nein, Fehlanzeige. Damit sollen sich die Erwachsenen plagen. Zwischen die kleinen Schurken und die großen Heroen passt kaum eine Schwertlänge, allenfalls gibt es Figuren, bei denen man erst auf den zweiten Blick erkennt, dass sich hinter der rauen Schale ein weicher Kern verbirgt.

So zumindest ist es bei dem liebevoll gemachten Animationsstreifen "Ritter Trenk" nach dem Buch von Kirsten Boie, mit dem das 2. Kinderfilmfestival in Starnberg seinen Anfang nahm. Burgfräulein Thekla etwa zickt anfangs ganz schön herum. Klar, sie wäre selber gern Ritter. Aber letztlich hat sie ein riesengroßes Herz. Ansonsten gibt es in dem stark aufs Kindchenschema setzenden Film alles, was das Herz begehrt: ein niedliches Ferkelchen, einen jungen Helden, mit dem man sich identifizieren kann, einen außerordentlich fiesen Schurken und einen auf seine Gesundheit achtenden Vegetarier-Drachen.

So ähnlich ist ja auch "Rettet Raffi" gestrickt, der neueste Streich des Ehrengasts Arend Agthe. Allerdings nimmt sich der Bösewicht in dem Hamster-Krimi ziemlich vielschichtig aus: Ein kleiner Ganove der alten Schule, der Lederjacke trägt, alle mit "Meister" anredet und gemein sein kann. Dieser Rocky ist nicht sehr schlau, aber auch nicht so doof, dass gleich die Polizei einschreiten müsste. Er hat Angst vor kleinen Tieren, und am Ende, als er wieder im Gefängnis Fuhlsbüttel gelandet ist und der achtjährige Sammy ihn besucht, bringt er sogar so was wie Rührung zustande. Albert Kitzel spielt den Knastbruder so hinreißend und facettenreich, dass es eine Freude ist. Ansonsten bietet Agthe eine Abenteuergeschichte mit Maximal-Happy-End. Zum Finale hin bekommt Sammy nämlich alles zurück, was er liebt: den entführten Goldhamster und seinen Vater, der sich eine Auszeit von der Ehe genommen hatte. Was das sein soll? Hm, verstehen noch nicht mal die Erwachsenen.

Agthe und seine Co-Autorin und Schauspielerin Bettina Kupfer beantworteten nach der Vorstellungen die vielen Fragen der Kinobesucher. Das war schon deshalb spannend, weil Kinder meist bessere Fragen haben als die älteren Zuschauer. Sie erfuhren, dass 14 Doubles für Raffi im Einsatz waren und Agthe eine Tiertrainerin engagiert hatte, ja dass es auch Doubles für Sammy und dessen Schwester Molly gab, weil Kinder nur drei Stunden am Tag vor der Kamera stehen dürfen. Ob ein Roboterhamster im Spiel war? Gelächter. Nein, aber für die OP-Szene ist ein ausgestopftes Tier benutzt worden.

© SZ vom 29.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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