Starnberg:"Völlig unauffällig"

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Die Rheinlandstraße soll ein Unfallschwerpunkt sein - glaubt aber nur die Stadt

Von Peter Haacke, Starnberg

Wenige Wochen nach dem Vorschlag der Stadtverwaltung, die Einbahnregelung in der Starnberger Rheinlandstraße umzukehren, steht das nur wenige hundert Meter lange Teilstück erneut im Fokus - und dürfte aller Voraussicht nach eine weitere Diskussion nach sich ziehen: Der Bereich vor dem Gymnasium zwischen Leutstettener Straße und Ferdinand-Maria-Straße soll derart umgebaut werden, dass den Schülern künftig mehr "Verkehrsfläche" zur Verfügung steht. Begründung für den Umbau: Die Situation vorm Eingangsbereich des Gymnasiums weist angeblich - bedingt auch durch Hol- und Bringverkehr der Eltern - erhebliche Mängel bezüglich der Verkehrssicherheit auf, heißt es. Bemerkenswert: Die Kosten für den Umbau mit einem knapp vier Meter breiten Geh- und Radweg werden mit rund 375 000 Euro auf die gleiche Höhe geschätzt wie zuvor die Umkehr der Einbahnstraßenregelung, die allerdings erst übernächste Woche Thema einer Besprechung sein soll.

Der Bauausschuss soll bereits am Donnerstag, 14. April, dem vergleichsweise teuren Umbau des Gehwegs zustimmen, obwohl die Stadt noch nicht einmal über einen genehmigten Haushalt für das Jahr 2016 verfügt. In der Opposition regt sich jedoch angesichts der undurchsichtigen Finanzpolitik der ausgabefreudigen Bürgermeisterin Eva John zunehmend Widerstand: Die SPD verweigert schon seit Wochen ihre Zustimmung zu städtischen Ausgaben, die längst die Millionengrenze weit überschritten haben. Und auch die UWG will nicht länger mitspielen. "Solange wir keinen genehmigten Haushalt haben", bestätigt Stadtrat Patrick Janik, "wird die UWG keinen weiteren Ausgaben mehr zustimmen."

Zumal die Rheinlandstraße nicht als innerstädtischer Unfallschwerpunkt gilt: "Unfallmäßig ist die Rheinlandstraße völlig unauffällig", sagt etwa Verkehrsexperte Johannes Bauer von der Polizei Starnberg. Konflikte zwischen Fußgängern, Rad- und Autofahrern vor dem Eingang des Gymnasiums in Sichtweite der Polizeiinspektion sind eher Ausnahme als Regel. Ebenfalls verwunderlich ist der Umstand, dass der Umbau nicht etwa im zuständigen Projektausschuss Verkehr, sondern im Bauausschuss behandelt wird.

Für Gerd Weger (CSU), dienstältester Stadtrat, ist die Angelegenheit eine Frage der Prioritäten. "Das hört sich alles gut an", sagt er, "ist aber völlig weltfremd. Motto: Erst entscheiden, dann nachdenken". Zwar erinnert sich Weger - ebenso wie CSU-Fraktionschef Ludwig Jägerhuber - an einen Grundsatzbeschluss des Stadtrats 2011 zum Bau einer Radwegeverbindung vom Bahnhof Nord bis zur Maisinger Schlucht. Aber angesichts der vielen übrigen ungeklärten Verkehrsfragen ist die Rheinlandstraße nicht dringlich, zumal auch der Verkehrsentwicklungsplan noch nicht vollständig ist. Jägerhuber bezweifelt das Kosten-Nutzen-Verhältnis und bezeichnet die 375 000 Euro Kosten als "sehr sportlich". Christiane Falk (SPD) empfindet das Vorgehen schlicht als weiteren Alleingang der Bürgermeisterin. Besser wäre eine Lösung "aus einem Guss", zumal auch die Kanalisation in der Rheinlandstraße sanierungsbedürftig ist.

Mittlerweile reift bei den Stadträten die Befürchtung, dass John das Gremium noch vor Beginn der Haushaltsberatungen am 18. April vor vollendete Tatsachen stellen will. Der Umbau des Gehwegs in der Rheinlandstraße könnte demnach einzig dem Zweck dienen, den Haushaltsentwurf "gerade" zu ziehen.

© SZ vom 09.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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