Starnberg:Vermisste Lockerheit

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Die Ideenwerkstatt für eine attraktivere Starnberger Innenstadt zeigt: Die Bürger wünschen sich vor allem mehr Miteinander und eine neue Gesprächskultur. Es ist ein deutliches Zeichen an den Stadtrat

Von Wolfgang Prochaska, Starnberg

Wenn es um eine schönere und attraktivere Starnberger Innenstadt geht, dann haben die Bürger viele Ideen. 1500 sind laut Anne Krämer vom Team Nonconform, das die Vorschläge der Starnberger gesammelt und ausgewertet hat, in den vergangenen Tagen eingegangen. Am Donnerstagabend wurden die Ergebnisse präsentiert. Fazit: Was an Ideen gesammelt wurde, dürfte für so manchem Starnberger keinen großen Neuigkeitswert enthalten haben. Zum Beispiel: Dass der Bahnhof und die Seepromenade einer Erfrischung bedürfen, weiß man in der Stadt seit gut 15 Jahren. Dass der Kirchplatz nicht gerade einladend ist, ist seit Jahren ein Thema. Dass der Schlossgarten ein Idyll der Ruhe ist und der schönste Fleck der Kreisstadt - auch nicht gerade unbekannt. Und dass der Bereich beim Centrum und Hauptstraße eher abschreckend wirkt und für Fußgänger, die zum Schloss oder zum Rathaus wollen, eine Zumutung darstellt - ebenfalls kein Geheimnis.

Stellte die Ergbnisse und Wünsche der Starnberger vor: Anne Krämer vom Team Nonconform. (Foto: Arlet Ulfers)

Obwohl also der Neuigkeitswert sich in Grenzen hielt, gab das Team Nonconform der Stadt und seinen Verantwortlichen ein paar Ideen mit auf dem Weg, die sich nicht im Theoretischen verlieren, sondern einigermaßen schnell und kostengünstig umsetzen lassen. Zum Beispiel die Seepromenade: Hier sollten mehr Sitzgelegenheiten zum Verweilen aufgestellt und gleichzeitig die Büsche in Richtung Seespitz entfernt werden, um den Seeblick zu verbessern. Beispiel Kirchplatz: Er sollte, um als Platz wahrgenommen zu werden, bis zur nächsten Häuserzeile über die Wittelsbacher Straße hinaus erweitert werden. Um den Aufenthalt zu verbessern, könnte man mehr Bänke oder Stühle aufstellen und ein großes Sonnensegel als Schutz errichten. Am Bahnhofvorplatz sollten die Parkplätze sukzessive reduziert werden, um das Rondell vor dem Bayerischen Hof besser zur Geltung zu bringen. Das alles sind eher Kleinigkeiten, haben aber den Charme, dass sie in überschaubarer Zeit zu verwirklichen sind, wie immer betont wurde. Dafür erhielt das Team von den etwa 80 Besuchern, die in Schlossberghalle gekommen waren, dankbaren Applaus.

Auf Pinnwänden konnten die Bürger ihre Wünsche und Vorschläge anbringen. Etwa 1500 kamen zusammen. (Foto: Arlet Ulfers)

Bei der Begrüßung hatte Bürgermeisterin Eva John von einem "Festival der Ideen" gesprochen und sich darüber gefreut, wie viel "wahnsinnige Energie" in den Starnbergern stecke. An den Pinnwänden im Foyer konnte man davon einen Eindruck erhalten. Die Vorschläge reichten von dem Wunsch, dass endlich ein H&M-Klamottenladen nach Starnberg kommen möge, "damit wir shoppen können", bis zum Bau eines exklusiven Jachthafens samt zugehöriger Villenanlage gleich daneben. Da auch junge Leute aufgefordert waren, ihre Ideen zur Stadtmitte einzubringen, fehlte auch nicht der Vorschlag, aus dem Centrum eine "Party-Location" zu machen. Interessant war - da es ein Blick von außen war - wie das Team Nonconform die Stadt selber empfunden hat. "Starnberg ist eine Seestadt. Damit verbindet man Genuss und Lockerheit, aber nicht Arbeit", analysierte Roland Gruber. "Das sollte sich eine Spur mehr widerspiegeln."

Bis es so weit ist, müssen sich aber noch einige Wünsche der Starnberger erfüllen. Ganz oben auf der Liste steht, dass man sich "mehr Zusammenarbeit und mehr Wertschätzung" wünsche. Eine "neue Gesprächskultur" brauche die Stadt. Anscheinend hat sich die Negativ-Stimmung im Stadtrat auch auf die Gemütsverfassung der Bürger niedergeschlagen. Handlungsbedarf sehen die Starnberger auch beim Radverkehr. Von einem "dringenden Optimierungsbedarf" sprach Roland Gruber. Einen Radstreifen in der Wittelsbacher Straße schaffen oder später in der Hauptstraße, wenn der Tunnel gegraben ist, lauteten seine Vorschläge. Um den Verkehr zu reduzieren, sollte auch das Parkleitsystem wieder aktiviert werden. Tiefgaragen gäbe es genug, diese würden aber zu wenig genützt. Dazu gehören auch mehr Wegweiser und zwar direkt am Bahnhof, der das größte Sorgenkind auch nach Ansicht der Starnberger darstellt. Dieser Bereich sei ein Juwel, meinte Anne Krämer. Die Nonconform-Leute schlugen als erste Maßnahme einen Frühjahrsputz, eine Entrümpelungsaktion vor. Also das Müllhäuschen neben dem Bahnhof verschieben, oder die Blumentröge schöner und bunter bepflanzen. Wieder gab es einen langen Applaus.

© SZ vom 11.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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