Starnberg:Vergiftet

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Streit im Villenviertel endet vorerst im Strafgericht

Von Christian Deussing, Starnberg

Seit Jahren schon sind sich die Nachbarn in dem Starnberger Villenviertel nicht grün. Gestritten wird um Bäume, die den Seeblick versperren und um Äste, die weit über den Zaun in das benachbarte Grundstück hineinragen. Nun sahen sich die Kontrahenten - ein pensionierter Richter und ein Kaufmann - am Dienstag vor dem Amtsgericht Starnberg wieder. Der Grund: Der 69-jährige Jurist hatte Anzeige erstattet, weil seine etwa 20 Meter lange Hecke vergiftet worden war. Verdächtigt wurde der Geschäftsmann von nebenan, mit Streusalz die bepflanzte Grenze zerstört zu haben. Der 53-jährige Nachbar erhielt wegen "vorsätzlicher Bodenverunreinigung" einen Strafbefehl von 1200 Euro, wollte dies aber nicht akzeptieren.

Für den Staatsanwalt hat der Starnberger das Salz im Juni vorigen Jahres verstreut, um einen "länger währenden Nachbarschaftsstreit im Wege der Selbsthilfe für sich zu entscheiden". Der Angeklagte wollte nicht aussagen, wirkte aber angesichts der Vorwürfe nervös. Als sein Nachbar und dessen Ehefrau als Zeugen die Querelen schilderten und vom Fiasko der nahezu entlaubten Mischhecke berichteten, holte der Kaufmann tief Luft und drückte sein Kreuz durch. Die Geschädigten hatten nach der bösen Überraschung einen Gärtner eingeschaltet, der Bodenproben ins Labor schickte. Diese wiesen eine hohe Dosis an Natriumchlorid auf, die nach Aussage einer Expertin im Prozess "zielgerichtet massive Schäden" an den Heckenpflanzen - besonders beim Kirschlorbeer - verursacht hätten. Braune und gelbe Spuren hinterließ das Streugift auch auf dem Rasen.

Vieles deute daraufhin, dass wegen der Streitereien die Tat vom benachbarten Grundstück aus begangen worden sei, sagte der Staatsanwalt. Letztendlich könne jedoch nicht nachgewiesen werden, ob der Angeklagte dafür verantwortlich ist - es hätten ja auch seine Ehefrau oder Kinder gewesen sein können. So musste der Ankläger auf Freispruch plädieren, dem auch Richterin Brigitte Braun in ihrem Urteil folgte. Es hätten sich in dem Prozess keine weiteren Hinweise über die Aktenlage hinaus ergeben, die den Angeklagten überführen könnten. Doch Zweifel blieben. Denn einiges spreche dafür, "dass Sie es waren", sagte die Richterin in der Verhandlung, in der der Kaufmann auch am Ende kein Wort sagen wollte. Der Familienvater hat diesmal den Prozess gegen den früheren Richter gewonnen, der vor sieben Jahren das benachbarte Areal an den Angeklagten verkauft hatte - und dies längst bereut haben dürfte.

© SZ vom 21.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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