Starnberg:Unterm Hammer

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"Drei, zwei, eins - verkauft": Matthias Blaßl ist bei der Fundsachenversteigerung im Starnberger Rathaus in seinem Element. (Foto: Arlet Ulfers)

Die Stadt Starnberg versteigert Fundstücke und kann als Auktionator auch heuer ihren Mitarbeiter Matthias Blaßl gewinnen. Ohne ihn wäre die ganze Aktion nur halb so lustig

Von Helene Köck, Starnberg

Er ist schon ein alter Hase in diesem Metier: Normalerweise arbeitet Matthias Blaßl im Standesamt der Stadt Starnberg. Doch einmal im Jahr betätigt er sich als Auktionator. Dann verlegt er seinen Arbeitsplatz ins Foyer des Rathauses und versteigert jede Mang Fundstücke. Der große Vorteil an Blaßl: Er hat ein lockeres Mundwerk. Redet, wie ihm der Schnabel gewachsen ist und vermag die potenziellen Käufer mitzureißen. Es geht stets heiter zu bei ihm, auch wenn nicht jeder Gegenstand gefragt ist.

Die meisten Leute die kommen, haben es auf eines der zahlreichen Fahrräder abgesehen, die mal platt, mal ohne Sattel, ohne Kette oder leicht angerostet zum Verkauf stehen. Das hat Tradition in Starnberg. Manche der Räder sind augenscheinlich völlig intakt, ein sportliches, knallrotes beispielsweise, zieht gleich am Eingang den Blick auf sich zog. Der Lockvogel der Auktion quasi. Es soll aber nicht bloß um die Fahrräder gehen an diesem Nachmittag, dafür sorgt Blaßl schon: "Bevor der Ramsch nicht verkauft ist, kennt's des mit die Radl vergessen", sagt er dem Publikum gleich. Da kennt Blasl nichts. Das ist seine Dramaturgie und sie beruht auf jahrelanger Erfahrung.

Zum Prozedere: Ist ein Fundgegenstand nach sechs Monaten nicht abgeholt, obwohl das Fundamt "alle Hebel in Bewegung setzt, den Eigentümer ausfindig zu machen", geht er normalerweise zurück an den Finder. Und erst, wenn der den Gegenstand nicht will, wird er versteigert. Entsprechend war das Angebot diesmal ein wenig bescheiden: Die klassischen Verlier-Gegenstände wie Mützen, Regenschirme oder Brillen gab es gleich in mehrfacher Ausführung, aber auch Kurioses kann Blaßl feilbieten: Anglergummistiefel mit langem Neopren-Schaft in Größe 46. Blaßl hält die Stiefel stolz in die Höhe. "Die sind mindestens Größe 50 ", erklärt er. Es macht ihm sichtlich Vergnügen. Eine Schneeschaufel, die er feilbietet, ist da schon alltäglicher. Und Nordic-Walking-Stöcke sind es auch. Es gibt Schmuck, eine Digitalkamera und ein Fernglas. In einer Tasche findet Blaßl eine alte Packung Dallmayr-Kaffeesahne. Der Meistbietende ist selbstverständlich dazu verpflichtet, die Sahne mitzuersteigern. Logisch, sie soll ja auch nicht übrig bleiben.

Los geht die Auktion in den meisten Fällen bei einem Euro, vieles findet trotzdem keinen neuen Besitzer. Diese Gegenstände werden an gemeinnützige Organisationen verschenkt, über Fahrräder freut sich beispielsweise der Helferkreis Asyl. Manche Besucher gehen allerdings mit unverhofften Schätzen nach Hause. Die Stadträtin Katja Fohrmann zum Beispiel hatte "eigentlich bloß mal gucken" wollen, sagt sie, und dann gemeinsam mit ihrer Tochter Larissa zwei Jacken, einen Regenschirm, eine Kinderuhr, einen goldenen Ring und ein Glitzerarmband mit Magnetverschluss ersteigert.

Als es dann endlich an die Fahrräder geht, kommt das schicke rote Rad doch glatt für moderate 80 Euro unter den Hammer. Auch Katja Fohrmann ergattert übrigens noch ein gut erhaltenes Damenrad für 70 Euro, das sie freudig und ein wenig verlegen entgegennimmt. Immerhin: Insgesamt nimmt die Stadt Starnberg bei der Auktion 1230 Euro ein. Da kann auch Auktionator Matthias Blaßl mit sich zufrieden sein.

© SZ vom 11.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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