Lebendige Demokratie setzt informierte Bürger voraus, die sich aktiv engagieren. Gleichwohl fühlen sich Bürger aber nicht immer hinreichend informiert, wenn es in ihren Kommunen um wichtige Themen geht. Das liegt am Bürgermeister, der für die Sitzungen der jeweiligen Gremien die Tagesordnung festlegt und dabei zwischen "öffentlich" und "nichtöffentlich" unterscheidet. Doch insbesondere dann, wenn die Thematik heikel zu sein scheint ist, neigen manche Rathaus-Chefs dazu, die Debatten lieber in den nichtöffentlichen Teil zu verlegen, zumal Stadt- oder Gemeinderäte dann zum Schweigen vergattert sind. Gegen diese Praxis rührt sich jedoch in Starnberg Widerstand: Eine Mehrheit der Mandatsträger ist nicht länger bereit, die ihnen zuweilen willkürlich anmutende Unterscheidung in "öffentlich" und "nichtöffentlich" zu akzeptieren. In Starnberg soll nun auf der Homepage der Stadt ein "Bürgerinformationssystem" die Tätigkeiten von Stadtrat und Bürgermeisterin transparenter werden lassen.
Kommunalpolitiker benennen gern "Freude am Gestalten" als Motiv für ihr Engagement - oft genug gepaart mit dem Anspruch auf Bürgernähe und Transparenz. "Wir machen uns stark für transparentes politisches Handeln, das eine Beteiligung aller an den Entscheidungen über die Zukunft unserer Stadt ermöglicht", heißt es etwa auf der Homepage des "Bündnis Mitte Starnberg" (BMS), der Gruppierung von Bürgermeisterin Eva John. Doch in der Praxis blieb nach Ansicht der meisten Stadträte von diesen Zielen nur wenig übrig: Wiederholt landeten heiß diskutierte Themen ohne ersichtlichen Grund im nichtöffentlichen Sitzungsteil. Und selbst die Beschlussfassung nach einer Entscheidung, für die es keinen Geheimhaltungsgrund mehr gibt, bleibe oft genug unter Verschluss, sagen sie. Mit dieser Art der Geheimniskrämerei soll es nach dem Willen des Starnberger Stadtrats bald vorbei sein.
Der Starnberger Stadtrat beschloss bereits am 28. September auf Antrag der Bürgerliste, Themen der nichtöffentlichen Sitzungen mit der Sitzungseinladung zu benennen, was allerdings bislang noch nicht erfolgte. Der nun vorliegende Antrag zielt darauf ab, mit der Sitzungseinladung auch die Beschlussvorlagen der öffentlichen Sitzungen im Internet bereit zu stellen. "Damit weiß der Zuhörer, über was der Stadtrat diskutiert und entscheidet", erläutert Vize-Bürgermeister Klaus Rieskamp. Zudem sollen sich auch Medienvertreter inhaltlich besser vorbereiten können.
Gleichwohl hegt John bislang eine gewisse Abneigung gegen diese Art von Transparenz: Wurden der Presse zu Zeiten von Bürgermeister Ferdinand Pfaffinger Sitzungsunterlagen nebst Beschlussvorlagen selbstverständlich stets vorab zur Verfügung gestellt, gibt es jetzt nur noch die Tagesordnung und bestenfalls eine Kurzzusammenfassung. Grund dafür dürfte die Klage des Journalisten Peter Riemann sein, der sich im Sommer als Redakteur der Gewerbeverbands-Postille Starnberger Bote vor dem Verwaltungsgericht das Recht auf Gleichbehandlung erstritt. Seither gibt es aus dem Rathaus für Pressevertreter und ausgewählte Blog-Schreiber nur noch rudimentäre Informationen.
Der von 15 Stadträten unterzeichnete Antrag sei im Bewusstsein entstanden, dass das Gremium laut Gemeindeordnung die Vertretung der Bürger ist "und somit verpflichtet ist, für weitestgehende Transparenz der kommunalen Arbeit" zu sorgen, schreibt Rieskamp. "Damit wird ein wichtiger Schritt eingeleitet, die kommunale Verwaltung transparenter zu gestalten." Beabsichtigt ist, die Sitzungsunterlagen des Stadtrats über die Homepage der Stadt im Internet abrufbar zu machen. Damit stehen sitzungsvorbereitende Unterlagen und öffentliche Beschlussprotokolle - soweit vorhanden - Interessierten vom Tag der Einladung an zur Verfügung. Zu jedem Tagesordnungspunkt sollen sich die jeweilige Sitzungsvorlage und zugehörigen Anlagen anzeigen lassen. Mehrkosten entstehen nicht. Als Referenz verweisen die Antragsteller auf Städte wie Augsburg oder Landsberg.