Starnberg:Sturm im Undosa

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Seit Jahren streiten die verfeindeten Pächter des traditionsreichen Seerestaurants um Verträge und die Frage, wer das Feld räumen muss. Ein Ende ist nicht abzusehen. Trotzdem geht der Betrieb ungestört weiter

Von Michael Berzl, Starnberg

Durch das Undosa am Starnberger See verläuft eine unsichtbare Grenze. Auf der einen Seite befindet sich der "Orange Beach", bekannt auch als Schirm-Bar. Dort können Gäste auch im Herbst noch an sonnigen Tagen bei cooler Musik bunte Getränke zu sich nehmen und am Seeufer mit Bergblick ein Flair genießen, als säßen sie am Gardasee. Der Wirt heißt hier Oliver Bledt. Auf der anderen Seite, in "H'Ugo's Beach Club Undosa", haben die Münchner Szene-Größen Mathias Scheffel und Ugo Crocamo das Sagen. Zu ihrem Reich gehören die große Terrasse sowie der Innenbereich mit Sälen, dem Restaurant Oberdeck und kleineren Räumen und damit der wesentlich größere Teil des Areals. Es ist eine gerade noch funktionierende Koexistenz von Pächtern, die sich ansonsten öfter als Kontrahenten vor Gericht treffen. Im Januar wird weiterprozessiert. Bis feststeht, wer bleibt und wer gehen muss, könnte aber noch viel Zeit vergehen.

Die Streitigkeiten ums Seerestaurant Undosa haben eine lange Vorgeschichte: Das gesamte Gelände in Top-Lage gehört der Starnberger Familie Hirt. Seit den Fünfzigerjahren hat sie das Traditionslokal in Erbpacht von der Schlösser- und Seenverwaltung übernommen und zunächst Jahrzehnte selbst betrieben, sodass für viele Starnberger die Namen Hirt und Undosa immer noch miteinander verbunden sind. Rudolf Schall und Karl-Heinz Zacher haben dann für zwei Jahre den Betrieb übernommen, ehe der Augsburger Geschäftsmann Bledt 2008 neuer Pächter wurde. 2014 stiegen Scheffel und Crocamo ein und bewirten seither den größten Teil der Flächen. Eines der Probleme ist: Die Unterverpachtung an die Münchner Szene-Gastronomen hatte Siegfried Hirt nach eigenem Bekunden nicht genehmigt, er fühlt sich daher von seinem Geschäftspartner getäuscht. Mittlerweile will er Bledt loswerden, hat ihm fristlos gekündigt und erhält die Pacht direkt von Scheffel und Crocamo. Nach Bledts Angaben geht es hier um 120 000 Euro pro Jahr, plus Umsatzbeteiligung.

Streitigkeiten um Verträge, Pachtzahlungen und Schadenersatzforderungen beschäftigen nun seit Monaten Rechtsanwälte und Richter. Ein Ende ist nicht abzusehen. Vergeblich hat Richterin Ulricke Fürst vom Landgericht in München in stundenlangen Mediationsterminen mit allen Beteiligen versucht, eine Lösung zu finden. Doch jeder beharrt offenbar auf seiner Position. Das jüngste Urteil des Landgerichts vom Oktober besagt, dass die Scheffel-Gruppe ihren Teil des Undosa an Bledt herausgeben muss. Doch das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, eine Berufung und der Weg in die nächste Instanz sind wahrscheinlich.

Während die verfeindeten Pächter vor Gericht um die Oberhoheit im Undosa kämpfen, schaffen es ihre Geschäftsführer offenbar, sich auf der Terrasse und den Gängen des Lokals zu arrangieren. "Wir wollen ja nicht, dass die Gäste von den Rechtsstreitigkeiten etwas mitbekommen", sagt Scheffel. So dürfen sie nach einem Cocktail im Orange Beach die Toilette im Restaurant benutzen, obwohl sie dabei die unsichtbare Grenze überschreiten. Auch die Veranstaltungen gehen weiter, als wäre nichts. Am kommenden Samstag ist wieder wie in jedem Monat Ü-30-Party im Undosa, zu der einige hundert Gäste erwartet werden; auch eine Christmas-Party und die Silvester-Gala stehen schon auf dem Programm.

Die Auseinandersetzungen bringen aber durchaus handfeste Probleme mit sich. Getränkelieferanten oder Veranstalter, die Räume buchen, wüssten ja gerne, mit wem sie langfristig in Starnberg zu tun haben; Räumungsklagen können Geschäftsbeziehungen schon stören. Auch die Beschäftigen dürften stark interessiert daran sein, ob sie in der nächsten Saison noch am Starnberger See arbeiten dürfen. Laut Scheffel arbeiten an Spitzentagen bis zu hundert Leute in Küche und Service.

Dass einer der Kontrahenten nachgibt, ist derzeit aber unwahrscheinlich. "Ich werde bleiben; das steht ja mal fest", erklärt Pächter Bledt. Am liebsten hätte er sogar das ganze Gelände. "Ich gehe davon aus, dass wir bleiben", sagt aber auch Scheffel. Er habe schon Verträge unterschrieben. "Die Mühlen der Justiz mahlen langsam, aber sie mahlen", sagt Vermieter Hirt. Er fände es wichtig, dass eine Entscheidung fällt, und nennt es "nervig, dass das ewig dauert".

© SZ vom 04.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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