Starnberg:Starnbergs U-Bahn

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Der Starnberger Bahnhof am See: Schöne Aussicht für Fahrgäste, aber eine Sichtbarriere für die Anwohner. (Foto: Georgine Treybal)

Verkehrsexperte Lutz J. Janssen präsentiert im Undosa seine Tunnelpläne für die Bahn, Architekt Sebastian Blum spricht über die Finanzierung. Bei den Zuhörern stoßen die Ideen auf Interesse und Zustimmung

Von Peter Haacke, Starnberg

Der historische Starnberger Bahnhof am See hat eine bundesweit wohl einmalige Lage: Direkt am Seeufer genießen Zugreisende einen betörenden Blick auf die Alpenkette. Doch was den unbekümmerten Fahrgast erfreut, ist für die Starnberger selbst ein Ärgernis. Denn die Bahngleise trennen die Stadt von ihrem Wahrzeichen, dem Starnberger See. Seit Jahren schon suchen die Starnberger nach einer Lösung: 1987 schloss die Stadt mit der Deutschen Bahn einen Vertrag, der unter anderem die Rückübertragung von Bahngrundstücken an die Kommune und eine Gleisverlegung vorsieht. Über das "Wie" herrscht jedoch große Uneinigkeit.

Der jüngste Plan, der derzeit intensiv diskutiert wird, ist der "Kompakttunnel" von Lutz J. Janssen. Der Verkehrsexperte präsentierte seine Vision am Dienstag vor etwa 60 Interessierten im "Undosa", darunter Stadträte von CSU, SPD, Grünen, WPS und FDP, Vertreter des Vereins "Schöner zum See" sowie Gerhard Curth, Präsident des Deutschen Bahnkunden-Verbands. Die kühne These von Janssen, der gemeinsam mit dem Architekten Sebastian Blum sein Projekt vorstellte: Im Idealfall müsste die Stadt gar nichts für eine Seeanbindung mit Gleisverlegung bezahlen.

Als am 28. November 1854 die eingleisige Bahnlinie von München nach Starnberg im Beisein von Maximilian II. Joseph, König von Bayern, eröffnet worden war, hatte wohl keiner der Beteiligten geahnt, was man dem einstigen Fischerdorf am Nordufer des Würmsees in städtebaulicher Hinsicht angetan hatte. Die Kritik in der Starnberger Bürgerschaft wuchs - erst recht, seitdem am 7. Mai 1885 eine doppelgleisige Trasse fertiggestellt war und die Trennwirkung der Stadt vom See zementierte. Die Bahn war somit Fluch und Segen zugleich. Diese Trennung aufzuheben, ist Ziel der "Seeanbindung" - ein Vorhaben, das in seiner Komplexität, aber auch in politischer und finanzieller Hinsicht eine einmalige Herausforderung für Starnberg darstellen dürfte. Diesen Donnerstag will der "Projektausschuss Bahnhof See" (18 Uhr, Schlossberghalle) den aktuellen Stand des komplexen Projekts analysieren.

Janssen dagegen fokussiert sich auf eine technische Lösung, die aus Starnberger Sicht die attraktivste und charmanteste Form der "Seeanbindung" darstellt. Der Verkehrssystem-Experte präsentierte in seinem Vortrag die Historie zur Eisenbahn in Starnberg und seine detaillierten Überlegungen zum Bau eines Kompakttunnels mit viergleisiger Trassierung. Das Bauwerk mit 1037 Metern Gesamtlänge würde eine ebenerdige Querung der Gleise im Bereich des historischen Bahnhofs von der Kaiser-Wilhelm-Straße bis zum "Undosa" ermöglichen. Dadurch entstünden Freiflächen, die - je nach Bebauungsdichte - die Finanzierung sichern sollen. Die Uferpromenade könnte bis zu elf Meter breit sein; Vibrationen seien durch Massefedersysteme auch auf dem schwierigen Baugrund mit Seeton in den Griff zu bekommen; Lärm sei kein Thema. Heikelster Punkt ist die Finanzierung: Diesem Aspekt widmete sich Architekt Blum, der mit seinem Entwurf einer "moderaten Bebauung" und Überlegungen zur Gestaltung auch diverse Anleihen aus anderen Städten verarbeitet hatte. Konkrete Zahlen, nach denen von verschiedenen Seite gefragt wurde, konnte er jedoch noch nicht nennen.

Peter Riemann, Redakteur des "Starnberger Boten", moderierte den Abend, er selbst sah die Chance, den Tunnel zu realisieren, optimistisch. In der Debatte gab es Fragen zur Bauzeit, zum Eisenbahnbetrieb während des Umbaus, zu möglichen Verkehrsproblemen und den derzeit zwischen Bahn und Stadt stockenden Verhandlungen. Gerhard Curth (Deutscher Fahrgastverband) riet Janssen und Blum, das Projekt auch im Bundesverkehrswegeplan anzumelden. "Sie sollten auf jeden Fall versuchen, Partner zu finden", sagte Curth, der - aus Sicht der Fahrgäste - die einmalige Lage des Bahnhofs See explizit lobte.

Auch die anwesenden Stadträte signalisierten überwiegend wohlwollendes Interesse bis Zustimmung. Von verschiedenen Seiten wurde angemahnt, dass Bürgermeisterin Eva John das Gespräch mit der Bahn aufnehmen müsse. Einzig Iris Ziebart (FDP) wollte das Projekt auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wissen; die Bahn solle ihre maroden Gleisanlagen auf eigene Kosten sanieren. Die Reaktion aus dem Auditorium folgte postwendend: "Sie haben doch schon jahrelang dazu beigetragen, dass sich in Starnberg nichts bewegt."

© SZ vom 21.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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