Starnberg:Spaß unter Freunden

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Talente ans Mikro: Nicola Klingbeil von der Literaturgruppe "Freies Schreiben" bei der Starnberger Lyriknacht. (Foto: Nila Thiel)

Bei der Lyriknacht in der Musikschule Starnberg gibt es Gesang über Plastikbecher-Percussion, ausgefeilte Lyrik und Westernparodien. Ein quicklebendiger Abend voller Überraschungen

Von Reinhard Palmer, Starnberg

Seitdem Cornelia Lee-Winser die Starnberger Musikschule leitet, hat sich dort einiges verändert. Vor allem ist es ihr gelungen, in dem stattlichen Lehrgemäuer eine persönliche Atmosphäre zu schaffen, die dem kreativen Geist mehr Raum zugesteht. Öffentliche Veranstaltungen sind heute weit weniger von Leistungsdruck und Bühnenangst geprägt als früher. Inzwischen herrschen vielmehr die Begeisterung für die Sache und der Spaß am gemeinsamen Tun vor.

Dabei muss es nicht immer nur Klassik sein, ja manchmal noch nicht einmal unbedingt Musik. Zugehörigkeit zur Musikschule ist zudem keine Voraussetzung. "Eine kleine Lyriknacht - Ein musikalisch-poetischer Abend" war so ein besonderes Ereignis. Die Idee dazu hatte schon vor Jahren der Gitarrenpädagoge der U-Musik-Sparte, Pentti Turpeinen. Sein Nachfolger Bence Barla-Szabó setzte sich nun für die Wiederbelebung ein und wirkte dabei auch mit. Das Besondere an dieser Neuausgabe der gut besuchten Lyriknacht war zweifelsohne der Charakter der Veranstaltung: Ein Spaß unter Freunden, ein Teilhabenlassen an Ideen, die sonst vielleicht nirgends die Chance bekämen, ein Publikum anzuziehen. Möglicherweise, weil sie sich in keine Schublade stecken lassen oder weil die Ausführenden nicht die Möglichkeit haben, die Projekte zur perfektioniert bühnenreifen Form zu bringen. Doch in diesem Fall musste nicht alles auf Hochglanz poliert sein. So kamen eben auch anspruchsvolle Ideen zu einer unkomplizierten Realisierung. Es galt: einfach mal machen und Spaß daran haben. So macht man eine Musikschule lebendig.

Es soll aber keinesfalls der Eindruck entstehen, als sei in Starnberg nur etwas spontan zusammengemurkst worden. Was allein schon die zwei Geschwisterpaare Schwertführer und Berthold mit dem "Cupsong" von Anna Kendrick - Gesang über Plastikbecher-Percussion - ablieferten, war eine reife Leistung.

Bekannt für ihre literarischen Qualitäten sind die Mitglieder des Wahlfachs "Freies Schreiben" am Starnberger Gymnasium; Ernst Quester hatte die Literaturgruppe vor Jahren gegründet, nun wird sie von seinem Nachfolger Thomas Maier fortgesetzt wird. Und da beide gerne Gitarre spielen und auch singen, trugen sie später gemeinsam zwei Lieder vor. Die Schüler lasen indes ihre ausgefeilte Lyrik und Prosa.

Der ernsten Muse gab sich mit dem zeitgemäßen Poem "Wie ist's" auch die stellvertretende Musikschulleiterin Marianne Friedl hin. Peter Jermer, Gitarrenlehrer an der Schule, trat an, zur Pickingbegleitung Donovans "The Universal Soldier" und Franz Josef Degenhardts "Ein schönes Lied" aus vergessenen Zeiten heranwehen zu lassen. Die guten alten Songs der Singersongwriter sind eben unkaputtbar.

Helena Löhner schickte zur Begleitung von Barla-Szabó komplexe Bob-Dylan-Songs ausdrucksstark und sehr einfühlsam in die Lyriknacht. Aber nicht alles war so ernst. Johannes Schmied (Bluesharp) und Philipp Keiner (Gitarre) beispielsweise setzten eine Westernparodie zu Texten von Robert Gernhardt ("Lagerfeuerlyrik" und "Sie nannten ihn Walter Storchi") ins Programm. Und die Theatermacherin Erika Schalper brachte Mohammed Kellieh mit, um die hohe Effizienz des Bayerischen zu demonstrieren. Wo es im Hochdeutschen eines Romans bedurfte und auf Arabisch daraus ein Lautgedicht wurde, kam die bayerische Version jeweils mit einem kurzen Laut aus. Doch das höchst expressiv!

Cornelia Lee-Winser nahm schließlich auch ihre Violine zur Hand und ließ mit Löhner schottische Lyrik im Geigenduo melancholisch erklingen. Mit Dias aus Schottland stellte Garry Lee-Winser seinen Vorfahren Robert Burns aus dem 18. Jahrhundert mit Gedichten und Liedern in Originalsprache vor. Ein spannender Exkurs und ein kraftvoller Akzent in dieser ungewöhnlichen Lyriknacht.

© SZ vom 26.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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